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Hans Wilhelm Auer


Quelle: Schweizer Bauzeitung 1906

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 26.04.1847 - † 30.08.1906
Geschlecht: m
Geburtsort: Wädenswil/Kt. Zürich
Land: Schweiz
Sterbeort: Konstanz
Land: Deutschland
damaliger Name: Deutsches Reich
Titel: Prof., Dr. h.c.
weitere Namen: Hanns
Religionsbekenntnis: unbekannt
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Johannes A. (1813-1867), Seidenhändler
Mutter: Emma Elisa Henking
Ehe (1871) mit Marie Elise A.
1 Sohn, 4 Töchter, u.a. Grete A., Schriftstellerin
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1863-1864Zimmermannslehre in Riesbach, Schweiz
1864-1868ETH Zürich (bei G. Semper, W. Lübke, F. Th. Vischer)
1869Akademie der bildenden Künste Wien, Meisterklasse von Th. Hansen
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1868Tätigkeit im Stadtbauamt Schaffhausen
1874-1884Assistent von Th. Hansen an der Akademie der bildenden Künste Wien, Mitarbeiter im Atelier Hansen
1885-1888Prof. an der Staatsgewerbeschule Wien
1890-1904Prof. für Geschichte der Architektur und Plastik an der Univ. Bern
1887-1905Preisrichter bei den wichtigsten Wettbewerben in der Schweiz
ab 1903Architekt der Generaldirektion der Schweiz. Bundesbahnen
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Auszeichnungen und Ämter
1877Goldenes Verdienstkreuz mit der Krone
1884Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens
1897-1899Präsident der Eidgenössischen Kunstkommission (ab 1891 Mitglied)
1902Ehrendoktor der Univ. Basel
o.J.Vorstandsmitglied der Schweiz. Gesellschaft für Erhaltung hist. Kunstdenkmäler
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Mitgliedschaften
ab 1874Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
ab 1874Österr. Ingenieur- und Architektenverein
ab 1877Wiener Bauhütte
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Vita
Auer stammt aus einer großbürgerlichen Familie. Er besuchte die Kantonsschulen in Zürich und in St.Gallen, Schweiz, und absolvierte ein Jahr lang eine Zimmermannslehre. Sodann inskribierte er an der ETH Zürich und nach Abschluss seines Studiums nahm er zunächst eine praktische Tätigkeit im Stadtbauamt von Schaffhausen an.

Schon ein Jahr später ging Auer nach Wien, wo er sich im Zuge des Ringstraßenausbaus ein reiches Tätigkeitsfeld erhoffte. Er trat in die Meisterklasse von Theophil Hansen und später auch in dessen Atelier ein und wurde bald zu einem engen Mitarbeiter von Hansen, mit dem er in der Folge auch freundschaftlich verbunden war. Bei den meisten Bauten Hansens fungierte Auer als Bauleiter.

Als Hansen 70-jährig die Akademie verließ, fand Auer als Professor an der Staatsgewerbeschule in Wien einen neuen Wirkungsbereich. Während dieser Tätigkeit beteiligte er sich an dem Wettbewerb für das Bundeshaus in Bern, Schweiz. Obwohl er nur den 2.Preis errang, wurde ihm die Ausführung übertragen, aber auch die Ausführung des Parlaments, für das er 1891 den 1.Preis erhielt. Er ließ sich in Wien zunächst beurlauben, übersiedelte 1888 jedoch endgültig nach Bern. Auer unterrichtete an der Universität Bern, realisierte eine Reihe von öffentlichen Bauten in der Schweiz, wie etwa die Postgebäude in Solothurn (abgebrochen) und Liestal und war Chef-Architekt der Schweizer Bundesbahnen.

1906 wurde er eingeladen, sich an der Konkurrenz für den Friedenspalast in Den Haag zu beteiligen. Dieses Projekt war das letzte Werk des bereits Schwerkranken. Obwohl er sowohl in der Schweiz als auch in Österreich viel Anerkennung gefunden und eine Reihe von Auszeichnungen erhalten hatte, verstarb er verbittert in einer Nervenheilanstalt. Wie Zeitdokumente feststellen, dürfte die zum Teil rigide öffentliche Kritik an seinem Hauptwerk, dem Parlament, wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung gehabt haben.
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Stellenwert
Die langjährige Zusammenarbeit mit Theophil Hansen prägte Auers architektonische Gestaltungsweise entscheidend. Dies zeigt sich nicht nur bei der Stilwahl, sondern auch bei der Gruppierung der Baukörper insgesamt oder bei der Auswahl und Zusammenstellung einzelner Bauelemente, wie etwa bei den Fensterformen, der Situierung von Giebelmotiven oder klassizistischen Säulenstellungen.

Auer sah in der „modernen Renaissance“ einen „Styl von solcher Vielseitigkeit und Brauchbarkeit“, dass sie ihm für jede Bauaufgabe optimal geeignet erschien, zumal seiner Meinung nach alle verflossenen Stile, sowohl die antikisierenden als auch die mittelalterlichen, im „Wesen der modernen Renaissance inbegriffen“ sind. Für den Villenbau hingegen erachtete er ein malerisches und romantisches Erscheinungsbild als vordringlich.

Insgesamt zeigen Auers Bauten eine solide, im Rahmen des Konventionellen verhaftete Gestaltungsweise. In einem Nachruf wird ihm zwar die „Empfindung für das Große“ attestiert, allerdings war ihm, wie es weiter heißt, „in den Einzelheiten nicht das Glück einer erfrischenden Erfindungsgabe hold“.

Mit dem Parlamentsgebäude in Bern entstand eines der umfassendsten Gesamtkunstwerke der Schweiz. Auer wollte bewusst ein schweizerisches Nationaldenkmal schaffen und erarbeitete zu diesem Zweck nicht nur eine entsprechende Ikonologie, sondern ließ auch ausschließlich Firmen und Baumaterialen aus der Schweiz zum Einsatz kommen.

Noch während der Ausführung seines Hauptwerkes musste er allerdings die „Umwertung aller architektonischen Werte mitansehen“ und nach der Fertigstellung im Jahr 1902 wurde das Gebäude als unzeitgemäß und veraltet heftig kritisiert, ein Vorwurf, den Auer tatsächlich als ungerecht empfinden musste.

Zur Zeit des Entwurfs (1894) waren die Formulierungsmöglichkeiten der „Frühen Moderne“ noch weitgehend unbekannt und auch Otto Wagners viel diskutierte Abhandlung „Moderne Architektur“ wurde erst 1896 publiziert. Zudem wäre es damals wohl keinem Architekten gelungen, bei einem so prestigeträchtigen Bauwerk wie einem Parlament und „Nationaldenkmal“ mit einem Entwurf in modernen Formen zu reüssieren.

Das „Unzeitgemäße“ scheint vielmehr auf einer anderen Ebene angesiedelt zu sein, da Auer den ästhetischen Wandlungen, die auch innerhalb der historistischen Bauweise stattfanden, keineswegs ausreichend Rechnung trug. Im Gegensatz zur allgemein üblich gewordenen Synkretisierung verschiedener Stile bzw. zur durchwegs gängigen Modifizierung einzelner Formelemente verblieb Auer strikt in der rigiden Formensprache des strengen Historismus eines Theophil Hansen, was um 1890 tatsächlich bereits einen Anachronismus darstellte.
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Werke

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1886-1887Sanatorium Fürth, Wien 8, Schmidgasse 14 (1892 Erweiterung, heute U.S. Information Service der Botschaft der USA)
1888-1892Bundeshaus Ost, Bern, CH (Wettbewerb, 2.Preis)
1891-1892Bahnhofspost Liestal, Kt. Basel, CH (heute Kulturhaus Palazzo)
1893-1896Aufnahmegebäude des Hauptbahnhofs, Luzern, CH
1894Post, Solothurn, CH (abgerissen)
1894-1902Parlamentsgebäude, Bern, CH (Wettbewerb, 1.Preis)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1905Friedenspalast Den Haag, NL (Wettbewerb)
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
H. Auer: Der Einfluß der Construction auf die Entwicklung der Baustyle. In: ZÖIAV 1881, S.8ff
H. Auer: Die Entwicklung des Raumes in der Baukunst. In: Allgem. Bauzeitung 48.1883, S.65ff
H. Auer: Moderne Stylfragen. In: Allgem. Bauzeitung 50.1885, S.19ff
H. Auer: Der k.k. Justiz-Palast in Wien von A. von Wielemans. Wien 1885
H. Auer: Das k.k. Hof-Opernhaus in Wien von Van der Nüll und Siccardsburg. Wiener Monumentalbauten 1. Abteilung. Wien 1885
H. Auer: Die Straßen der Stadt Bern. In: Der Architekt 2.1886, S.33f
H. Auer: Die Quaderbossierung der italienischen Renaissance. In: ZÖIAV 39.1887, S.179ff
H. Auer: Das k.k. Reichsraths-Gebäude in Wien von Theophil von Hansen. Wien 1890
H. Auer: Der Sitzungssaal des Nationalrates im neuen Parlamentsgebäude in Bern. In: Schweiz. Bauzeitung 36.1900, S.193f

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv ÖIAV
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Anonym: Professor Hans Auer. In: Schweiz. Bauzeitung 48.1906, S.112f, T.VI (Nachruf mit Bild)
Anonym: Auer Hans. Dt. Bauzeitung. 40.1906, Nr.17, S.482 (Nachruf)
K. Eggert: Der Wohnbau der Ringstraße im Historismus. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße. Bd.7. Wiesbaden 1976
Festschrift zur 50 Jahrfeier der techn. gew. Bundes-Lehranstalt Wien I. 1880-1930
K.R.O. Fritsch: Die Konkurrenz für Entwürfe zur Bebauung der Museumsinsel zu Berlin. In: Dt. Bauzeitung 18.1884, S.233f
M. Fröhlich: Bundeshaus Bern (Schweiz. Kunstführer). Bern 1985
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20.Jh.s, 2.Bd. Wien 1906
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
R. Schmidt: Das Wiener Künstlerhaus 1861-1951. Wien 1951. S.62
J. Stuckelberger: Die künstlerische Ausstattung des Bundeshauses in Bern. Architekt Hans Wilhelm Auer. (1894-1902). In: Zeitschr. f. Schweizerische Archäologie u. Kunstgeschichte, Bd.42, Nr.3, 1985, S.185ff
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
6.1900, S.37 (Parlament Bern, Detail)

Allgemeine Bauzeitung
53.1888, S.8, T.4ff (Die Privat-Heilanstalt des Herrn Dr. A. Eder in Wien 8, Schmidg. 14)

Wochenschr. d. Österr. Ing. u. Arch. Vereins
13.1888, S.47 (Das eidgenössische Parlamentsgebäude in Bern)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.)
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
ThB; AKL
Neue deutsche Biographie. Berlin 1953
I. Rucki / D. Huber: Architektenlexikon der Schweiz 19., 20.Jh. Basel 1998

INTERNETLINKS:
www.tu-cottbus.de
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Anmerkungen
Das Geburtsdatum wird in der Schweiz. Bauzeitung 48.1906 mit 16.04.1847 angegeben. In den anderen genannten Quellen mit 26.04.1847
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 01.05.2005
Zuletzt geändert: 25.02.2008
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