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Johann Amann

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 19.05.1765 - † 28.11.1834
Geschlecht: m
Geburtsort: St.Blasien im Schwarzwald
Land: Deutschland
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
weitere Namen: Johann Nepomuk; Aman
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Hofarchitekt
Familiäres Umfeld: Vater: Johann Babtist A., Hoftischlermeister im Stif St.Blasien, Schwarzwald, D
Mutter: Maria Anna, geb. Stiegler
1.Ehe (1795) mit Barbara, geb. Eckstein (*ca.1761; stirbt bei der Geburt des Sohnes Friedrich)
2.Ehe (1800) mit Klara Marie, geb. Klöff (Kloiff, Kleff) (*ca.1766)
3.Ehe (1807) mit Maria Anna, geb. Gigl (*ca.1789–1832)
Kinder: Anna Clara Barbara Johanna (*1800); Theresia Klara Magdalena Josepha (*1801); Johann Nepomuk Thaddäus Andreas (1803–1804)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1789–1791Akademie der bildenden Künste Wien
ca.1793–1795Studienreise nach Italien
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1791–1792Praktikant bei der k.k. Kameral- und Landesbaudirektion in Freiburg i.Breisgau
o.J.Stiftbauinspektor des Stiftes St.Blasius im Schwarzwald, D
1803k.k. Unterhof-Architekt in Wien
ab 1812k.k. Erster Hofarchitekt in Wien
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Mitgliedschaften
um 1795Ehenmitglied der Academia di San Luca
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Vita
Johann Amann wurde 1765 in St.Blasien im Schwarzwald geboren. Sein Vater war Hoftischlermeister in diesem Stift und er wünschte, dass seine beiden Söhne den gleichen Beruf ergreifen sollten. Während der jüngere Sohn dieser Vorgabe entsprach, konnte sich Johann Amann nicht in der beengenden Werkstättentätigkeit zurechtfinden. Er hielt sich häufig auf der Baustelle der entstehenden neuen Stiftskirche auf und erstellte zahlreiche Skizzen des Gebäudes und übte sich daneben auch im Zeichnen von Porträts. Ein Pater der Glasmalwerkstätte wurde auf ihn aufmerksam und von seinem Talent beeindruckt, ließ er ihn sogar 12 Glasfenster für den neuen Kirchenbau herstellen. Schließlich fand Amann im Abt des Stiftes einen Mentor, der ihm ermöglichte, in Wien an der Akademie der bildenden Künste historische Zeichnung und Architektur zu studieren.

Nach seinem Studium kehrte Amann nach St.Blasien zurück und sein Gönner verschaffte ihm eine Praktikantenstelle in Freiburg im Breisgau, wo er sogar schon kleinere Gebäude selbständig ausgeführt haben soll. Als sein Mentor starb, fand er auch in dessen Nachfolger einen verständnisvollen Förderer, der ihm eine zweijährige Italienreise ermöglichte. Nach seiner Rückkehr sah Amann einer glänzenden Zukunft als Stiftbaudirektor entgegen. Im Zuge der Säkularisation wurde allerdings das Kloster aufgelassen und Amann war gezwungen, sich ein neues Betätigungsfeld zu suchen. Nachdem er in Wien schon im Jahr 1788 mit Erfolg eine Kunstgalerie für den Hofstatuarius Müller errichtet hatte, beschloss er im Jahr 1798, sich in Wien niederzulassen.

Seine erste Arbeit war die klassizistische Umgestaltung der Kirche Am Hof, Wien 1 (1789). Am Kaiserhof wurde diese Arbeit mit großer Zustimmung aufgenommen und er erhielt in der Folge den Auftrag, Pläne für diverse Umgestaltungen bzw. Ausbauten der Hofburg auszuarbeiten. Amann orientierte sich an den barocken Planungen Fischer von Erlachs und vom Ergebnis seiner Untersuchungen und Planungen fertigte er 1810 ein Modell an, das er in einem der Räume, die ihm in der Burg zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt worden waren, aufbaute. Der Kaiser „verfügte sich selbst“ in Amanns Wohnung und soll mit den Plänen sehr zufrieden gewesen sein und den Auftrag gegeben haben, in deren Sinn mit den Bauarbeiten zu beginnen. Der Besuch des Kaisers bewirkte bei Amann eine heute kaum nachvollziehbare Begeisterung, denn um diesen Tag zu würdigen, bemalte er zwei Wände eines Zimmers mit der „Allerhöchsten Besichtigung des Planes“ und stellte eine Büste des Kaisers her, auf deren Postament der denkwürdige Tag vermerkt war.

Im Zuge der Arbeiten für die Hofburg beschäftigte sich Amann auch intensiv mit den einzelnen Bauphasen der Burg zwischen 1216 und 1815, die er in einer Reihe von Plänen rekonstruierte und die für spätere Forschungen eine wichtige Grundlage bilden sollten. Durch die Arbeiten an der Hofburg erfreute sich Amann der besonderen Gunst des Kaisers und bereits 1812 wurde er zum Ersten Hofarchitekten ernannt.

Johann Amann war jedoch nicht nur für das Kaiserhaus tätig. Er errichtete auch Wohnbauten (Klosterneuburgerhof, Wien 1, Plankengasse 6 und 7, 1803–1807), eine Pfarrkirche im Burgenland (Reidling, 1802–1806) und erstellte die Restaurierungspläne für den Stephansdom in Wien, nachdem dieser durch den Angriff der Franzosen beschädigt worden war. An Stelle der bislang üblichen hölzernen Rohre plante er außerdem die Verlegung eiserner Rohre bei den k.k. Hofwasserleitungen, wie etwa den Laaerberger-Kanal (1807–1815). Sein wichtigster Auftrag war jedoch die Errichtung der Tierärztlichen Hochschule Wien 3, Linke Bahngasse 11, 1821–1832 (heute Universität für Musik und darstellende Kunst).

Johann Amann war dreimal verheiratet und hatte vier Kinder. Den ersten Sohn verlor er gleichzeitig mit seiner Gattin bei dessen Geburt. Der zweite Sohn wurde nur ein Jahr alt und auch die zweite Ehefrau verstarb nur wenige Jahre später. Nur mit der dritten Ehefrau konnte er eine 25-jährige, äußerst glückliche Ehe führen. Es heißt, dass er nach deren Tod im Jahr 1832 in Trübsinn verfiel. Vielleicht hat sich jedoch bereits seine schwere Krankheit – eine Gehirnerkrankung – abgezeichnet, an der Johann Amann zwei Jahre später mit 69 Jahren verstarb.
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Stellenwert
Johann Amann wird in der Literatur stets als typischer Vertreter der so genannten Beamtenarchitektur angeführt. Die Beamtenarchitektur bezeichnet eine Periode des frühen Klassizismus, in der allein das Hofbauamt die Gestaltungsweise vorgab, die stets von Zweckmäßigkeit, Kostengünstigkeit und Einfachheit bestimmt werden sollte.

Das bedeutendste Werk Amanns, das in diesem Sinn angesehen wird, ist die Tierärztliche Hochschule in Wien 3, Linke Bahngasse 11, 1821–1832 (heute Universität für Musik und darstellende Kunst). Der monumentale, langgestreckte Baukörper ist mit vier Trakten um einen querrechteckigen Hof angelegt. Er ist streng symmetrisch gegliedert und die lange Vorderfront erhielt nur durch einen kräftig vortretenden Mittelrisalit mit drei Rundbogenportalen eine Akzentuierung. Das Erdgeschoss ist als genuteter Sockel ausgebildet und Nuten setzten sich auch an den Kanten des Risalits fort. Mit einem breiten Dachgiebel und einer großen Pilastergliederung, die zwei Stockwerke zusammenfassen, bringt Amann klassizistische Elemente ein, die per se für Einfachheit standen. Insgesamt zeigt sich, dass es Amann verstand, dem bedeutenden öffentlichen Gebäude mit nur sparsamen Mitteln eine gewisse Monumentalität zu verleihen.

Eine weitere wichtige Arbeit Amanns in Wien ist der Klosterneuburger Hof in Wien 1, Plankengasse 6 und 7. Die Plankengasse wurde erst im Zug der Verbauung der Gründe des ehemaligen St.Dorotheer-Stiftes angelegt, das um 1872 mit dem Klosterneuburger Stift vereinigt wurde. Die Straße führt direkt auf die Evangelische Kirche H.B. zu, die in den Jahren 1783–1784 von Gottlieb Nigelli erbaut wurde. Städtebaulich interessant rahmte Amann den Blick auf die Kirche mit dem spiegelbildlich angelegten Klosterneuburger Hof, den er in den Jahren 1803–1807 an Stelle des ehemaligen Dorotheer Hofes erbaute. Im Erdgeschoß befinden sich Geschäfte mit Rundbogenfenstern. An der einfachen, flächigen Fassade fasst ein Gesims jeweils zwei Stockwerke zusammen. Vertiefte Wandfelder verbinden vertikal jeweils zwei Fensterachsen und unterbrechen die Flächigkeit.

Diese so genannte Beamtenarchitektur wird in der Literatur stets als „spröde“, „nüchtern“ und „trocken“ beschrieben. Allerdings bergen gerade die Reduktion auf kubische Baublöcke, die schmucklose, minimalistische Gestaltungsweise am Äußeren und die klaren Proportionierungen in den Innenräumen viele Momente in sich, die in gewisser Weise direkt auf die „Neue Sachlichkeit“ der 30er Jahre des 20.Jh.s hinweisen.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1788Kunstgalerie für den Hofstatuarius Müller, Wien 1, beim Rothen Turm (später zu Wohnhaus umgewandelt)
1792„Kaiserhaus“, Baden bei Wien, Hauptplatz 17, NÖ
1803–1807Miethäuser „Klosterneuburger Hof“, Wien 1, Plankengasse 6 und 7
1805–1806Palais Sandor, Budapest, H
um 1800Palais Fellner, Wien 1, Hoher Markt 8 (1859 durch Palais Sina von Theophil Hansen ersetzt)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1786–1814Orangerie Schloss Schönbrunn (Änderungen am Dach mit Hetzendorf v. Hohenberg)
1797Alxinger Denkmal für den Dichter Johann Baptist Alxinger, Wien 18, Pötzleinsdorfer Schlosspark
1798Am Hof-Kirche, Wien 1, Am Hof 1 (klassizistische Umgestaltung des Chores)
1804Umgestaltung des Karmeliterklosters in der Laimgrube, Wien 6 zum Zwangsarbeiterhaus
1802–1806Pfarrkirche Reidling, NÖ
1810Ausbesserungsarbeiten am Südturm des Stephansdomes (nach Schäden infolge der Beschießung Wiens durch die Franzosen 1809)
1808–1812Deutsches Theater in Pest / Budapest, H (1848 zerstört)
1808–1813Hofburg, Wien 1 (Restaurierungen, div. Umgestaltungen und Anbauten)
1817–1819Schloss Schönbrunn (Änderungen an der Fassade, von Peter Nobile fortgesetzt)
1821–1823Tierärztliche Hochschule, Wien 3, Linke Bahngasse 11 (heute Universität für Musik und darstellende Kunst)
1824–1825Kapuzinergruft, Wien 1, Tegetthoffstraße 2 (Franzensgruft)
o.J. ARenbergpalais, Wien 3, Landstraßer Hauptstraße 96 (Glashaus, nicherhalten)

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
1807–1815Verlegung eiserner Rohre bei den k.k. Hofwasserleitungen (Färberkanal, Laaerberg-Kanal, Siebenbrunner-Kanal) statt der hölzernen Rohre

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
vor 178312 Glasfenster für die neu erbaute Stiftskirche St.Blasien i.S.
1798Hochaltar und Umbau des Chores in der Kirche Am Hof, Wien 1, Am Hof 1
1817–1819Uhr am Schloss Schönbrunn
1816Sarkophag für die Kaiserin Maria Judovika in der Augustiner Kirche
1824–1825Klassizistische Grufterweiterung, Sarkophag für Kaiser Josef II, Kapuzinergruft, Wien 1, Tegetthoffstraße 2
o.J.Hl.Grab in der Augustinerkirche
o.J.Eiserner Vorhang im Hofburgtheater

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1800Theater an der Wien (von Joseph Reymund d.Ä. und Anton Jäger ausgeführt, wahrscheinlich die Pläne von Amann abgeändert verwendet)
1806Redoute in Budapest (als Doppelgebäude mit dem Deutschen Theater geplant, 1829 von Michael Pollak ausgeführt, 1848 zerstört)
1817Neubau des Burgtheaters
1815Äußeres Burgtor
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
J. Aman: Die Entstehung der k.k. Hofburg mit ihrer nach und nach erfolgten Vergrößerung....

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Pfarrarchive St.Augustin; St.Stefan; St.Michael; Erzbischöfliches Archiv Freiburg; Archiv Adler; ABK; Wr. Ringstraßenarchiv
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Sekundärquellen

LITERATUR:
W. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien 1989, S.59
„Bürgersinn und Aufbegehren. Biedermeier und Vormärz in Wien 1815–1848“. (Ausst.Kat.) Wien 1988
F. Czeike: Wiener Bezirkskulturführer III. Landstraße. Wien 1984
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
Klassizismus in Wien. Architektur und Plastik. Historisches Museum der Stadt Wien (Ausst.Kat.). Wien 1978
F. Pietznigg: Mittheilungen aus Wien. Wien 1835
E. Springer: Geschichte und Kulturleben der Wiener Ringstraße. Die Wiener Ringstraße, Bd.2
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde, Wien 1996–1998
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
R. Wagner Rieger: Vom Klassizismus bis zur Secession. In: Geschichte der Stadt Wien, Neue Reihe, Bd.7,3 Wien 1973
R. Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien 1957

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez.); Dehio NÖ/Süd A–L; Dehio NÖ/Süd M–Z

LEXIKA:
AKL; ThB; Wurzbach; ÖBL; ÖKL; Neue dt. Biographie; Czeike
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Anmerkungen
Im ThB, ÖBL, AKL und in der Neuen Dt. Biographie werden zu Amanns Werken auch die Dorotheerhöfe gezählt. Das ist falsch. Amann erbaute an deren Stelle den Klosterneuburger Hof.
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 01.03.2011
Zuletzt geändert: 09.11.2011
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