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Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Vita
Stellenwert
Werke
Sekundärquellen
Anmerkungen
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Persönliche Daten
| * 1730 - † 02.11.1786 | Geschlecht: m | Geburtsort: Vincennes bei Paris | Land: Frankreich | damaliger Name: Königreich Frankreich | Sterbeort: Wien | Land: Österreich | damaliger Name: Habsburger Monarchie | weitere Namen: Isisdorius Marcellus Amandus C.
| Ganneval; Goneval | Religionsbekenntnis: unbekannt | Berufsbezeichnung: Ingenieur und Hofarchitekt | Familiäres Umfeld: Vater: Joannis Ganneval, kgl.franz.Offiziant
| Mutter: Francisca Lucia G.
| Ehe (1761) mit Gabriela Chemitre
| Kinder: Eugen (*1761) |
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
| 1753–1754 | Akademie der Architektur, Paris (bei Giovanni Niccolo Servandoni) |
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
| ab 1765 | fürstl. Liechtensteinscher Architekt
| 1770er J. | kaiserl. Hofingenieur
| ab 1775 | kaiserl. Hofarchitekt |
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Auszeichnungen und Ämter
| ca.1775 | Rath der bildenden Künste |
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Vita
| Isidor Canevale wurde im Jahr 1730 in Vincennes bei Paris geboren. Vermutungen, dass Canevale der weit verzweigten Baumeister- und Maurerfamilie Canevale entstammt, die seit dem 17.Jahrhundert in Italien lebte, konnten bis heute nicht bestätigt werden. Sein Vater stammte möglicherweise aus Italien, war jedoch als „Offiziant“, wahrscheinlich als Schlosshauptmann des königlichen Schlosses Vincennes, nicht im Baufach tätig.
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| Canevale studierte 1753–1754 Architektur an der Akademie in Paris. Im Jahr 1760 begleitete er seinen Lehrer Giovanni Niccolo Servandoni nach Wien, wo er im gleichen Jahr eine Französin heiratete und sich in der Folge hier niederließ, 1765 fürstlich Liechtensteinscher Architekt und 1775 kaiserlicher Hofarchitekt wurde.
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| Neben seiner Tätigkeit für die Aristokratie und den Wiener Hof war er auch für Kardinal Migazzi in Ungarn beschäftigt, der ihn u.a. mit der Ausführung der Kathedrale von Waitzen / Vac beauftragte. Canevales Hauptwerk in Wien ist das sogenannte „Josephinum“, das als medizinisch-chirurgische Militärakademie von Josef II. in Auftrag gegeben wurde.
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| Darüber hinaus war Canevale vor allem mit Kleinbauten in Parkanlagen (Lusthäuser etc.) und auch als Innenausstatter im Schloss Schönbrunn und im Palais Paar (Wien 1, Wollzeile 30, nicht erhalten) tätig.
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| Über Isidor Canevales Leben ist nur wenig bekannt. Auch seine Tätigkeit als Architekt ist nur sehr mangelhaft dokumentiert, so dass ihm etliche Bauten nur auf Grund stilistischer Vergleiche zugeschrieben werden können. Bei einigen Gebäuden wird er als Bauleiter genannt, wobei wiederum unklar ist, ob er in diesen Fällen zumindest zum Teil auch als Entwerfer tätig war.
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| Isidor Canevale war bis an sein Lebensende als Architekt der Familie Liechtenstein sowie als Hofarchitekt tätig. Er starb im 56.Lebensjahr in Wien. |
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Stellenwert
| Als Isidor Canevale in den 1760er Jahren seine Tätigkeit in Wien begann, beherrschten barockklassizistische Formulierungen die private und öffentliche Bautätigkeit. Das heißt, es wurde wohl von der üppigen Formensprache des Barock Abstand genommen, aber ein gewisser repräsentativer Dekor war immer noch sehr beliebt.
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| Canevale hingegen bevorzugte einfache, klassizistische Formulierungen, indem die Baukörper auf die geometrischen Grundformen heruntergebrochen wurden, wie etwa beispielhaft das Augartenportal (Wien 2, Obere Augartenstraße 1, 1775) zeigt.
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| Schon in den Jahren zuvor hatte Canevale in Waitzen (heute Vac) in Ungarn Gelegenheit, seine knappe Formensprache, die die Gebäude nur mit wenigen Motiven aus der Antike auszeichnet, anzuwenden. Von Kardinal Migazzi erhielt er im Jahr 1761 den Auftrag zur Errichtung der Kathedrale, deren schlichte Formulierung nur durch einen repräsentativen, mit Säulen und Plastiken besetzten Eingangsbereich konterkariert wird. Auch ein Triumphbogen in der gleichen Stadt, der anlässlich des Besuches von Maria Theresia und ihrem Gemahl (1764) ebenfalls von Migazzi in Auftrag gegeben wurde, zeigte eine streng klassizistische Ausdrucksweise.
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| Bei seinem Hauptwerk musste sich Canevale allerdings doch dem Wiener Geschmack anpassen. Das Josephinum, von Josef II. im Jahr 1784 als medizinisch-chirurgische Militärakademie gegründet (heute „Department und Sammlungen der Medizinischen Universität Wien“) zeigt nämlich noch durchaus barocke Elemente, wie etwa die ehrenhofmäßige Anlage sowie der – allerdings zurückhaltende – Dekor an einigen Fenstern. Große ionische Pilaster, die die Fassade gliedern und die klare Trennung der Gebäudeeinzelteile weisen auf Canevales klassizistische Grundhaltung hin.
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| Bemerkenswert ist, dass Canevale bei Innenraumausstattungen seine klassizierende Formensprache aufgab und statt dessen dekorative Motive des Rokoko verarbeitete, wie zum Beispiel beim nicht mehr erhaltenen Palais Paar, Wien 1, Wollzeile 30 (1765–1772).
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| Canevale wird in der Literatur immer wieder – sei es als direkte Beeinflussung, sei es als „Annäherung“ – in die Nähe des französischen Revolutionsklassizismus gerückt. Diese Strömung des Klassizismus entstand Ende des 18.Jhs. in Frankreich und zeigt insbesondere bei den Hauptvertretern C.-N. Ledoux und E.-L. Boullée eine Isolierung der Einzelteile und radikale Reduzierung der Baukörper auf die geometrische Grundform. Allerdings wurde der Großteil der Entwürfe bzw. die, welche „am Reinsten“ diese Intentionen zum Ausdruck brachten, niemals realisiert (z.B. Gebäude in Kugel- oder Pyramidenform).
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| Nicht zuletzt auf Grund des stereometrischen Baukörpers des sogenannten „Narrenturms“ werden die Assoziationen zum Revolutionsklassizismus geweckt. Im Zuge des – wiederum von Josef II. initiierten – Umbaus des Allgemeinen Krankenhauses zu einem „Zentral-Spital“ in Wien 9 (ab 1783) wurde auch ein eigenes Gebäude – der Narrenturm – zur Unterbringung psychische Kranker vorgesehen. Der Umbau des Krankenhauses wurde von Josef Gerl vorgenommen, inwieweit Isidor Canevale mehr beteiligt war, als dass er als Hofarchitekt bei diesem Großprojekt die Oberleitung innehatte, ist bis heute ungeklärt.
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| Sicher ist, dass Canevale in seiner Gestaltungsweise generell viele grundsätzliche Komponenten des französischen Revolutionsklassizismus erkennen lässt. Da die Hauptvertreter zur gleichen Zeit tätig waren, Canevale sich jedoch damals in Österreich bzw. in Ungarn aufhielt, ist eine direkte Beeinflussung mit Sicherheit auszuschließen. Darüber hinaus wurde diese französische Architekturströmung im deutschsprachigen Raum erst durch eine Publikation von E. Kaufmann im Jahr 1933 bekannt. Jedenfalls findet man jedoch auch in den nächsten Generationen immer wieder Architekten, die ähnliche Grundhaltungen erkennen lassen, ohne dass eine direkte Beeinflussung des Revolutionsklassizismus nachgewiesenen werden könnte. In Deutschland sind z.B. F. Schinkel (1781–1841) oder F.Gilly (1772–1800) zu nennen. In Österreich zeigen etwa Arbeiten von Josef Plecnik (1872–1957) oder von Ferdinand Fellner v. Feldegg (1855–1936) entsprechende Tendenzen. Fest steht, dass Isidor Canevale mit Sicherheit einer der ersten in der Monarchie tätigen Architekten war, der eine starke Vereinfachung der Gebäudeformen propagierte. |
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Werke
| WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
| 1775 | Lusthaus des Grafen Gallitzin, Wien 2, Prater (nicht gesichert; nicht erhalten)
| 1780 | Augartenpalais Gartenhaus „Kaiser Josephs-Stöckl“, Wien 2, Obere Augartenstraße 1
| 1784 | Palais Grassalkovich „Maria Theresien-Stöckl“, Wien 2, Obere Augartenstraße 40 (nicht gesichert)
| 1786 | Lusthaus auf dem Laaerberg (nicht gesichert) |
ÖFFENTLICHE BAUTEN:
| 1761–1777 | Kathedrale in Waitzen / Vac, H
| 1764 | Triumpfbogen in Waitzen / Vac, H (anlässl. des Besuches von Maria Theresia u. Franz Stephan)
| 1775 | Augartenportal, Wien 2, Obere Augartenstraße 1
| 1771 | Grottenhaus über dem Schönen Brunnen, Schlosspark Schönbrunn, Wien 13
| 1775–1780 | Kleine Gloriette, Schlosspark Schönbrunn, Wien 13
| 1778–1780 | Pfarrkirche Maria Schnee, Wr.Neudorf, Wienerstraße, NÖ (Zuschreibung, nicht gesichert)
| 1781–1783 | Lusthaus im Prater, Wien 2, Prater Hauptallee
| 1782–1783 | Ausgestaltung des Schlossparks in Laxenburg, NÖ (mit Wasserbauingenieur Lefebre d‘Archambault)
| 1783–1785 | Medizinisch-chirurgische Militärakademie „Josephinum“, Wien 9, Währinger Straße 25 (heute Institut für Geschichte der Medizin)
| 1783–1784 | Umbauten beim Allgemeinen Krankenhaus, Wien 9, Alserstraße 4 / Spitalgasse 2–4 / Garnisongasse 13 (Beteiligung wahrscheinlich nur als leitender Hofarchitekt)
| 1784 | „Narrenturm“ des Pathologischen Instituts im Allgemeinen Krankenhaus, Wien 9, Alserstraße 4 (Beteiligung wahrscheinlich nur als leitender Hofarchitekt)
| 1780er J. | Kapelle im Allgemeinen Krankenhaus, Wien Wien 9, Alserstraße 4 (nicht gesichert; 1970 abgerissen)
| 1786 | „Neugebäude“, Budapest, HU |
INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
Ab Mitte 18 Jh. Ausstattung der Beletage im Schloss Schönbrunn, Wien 13 (mit Nicolas Pacassi, Jean Pillemment u.a.; nicht gesichert)
| 1765–1772 | Palais Paar, Wien 1, Wollzeile 30 (gesamt Inneneinrichtung; seit Abriss des Palais’ 1938 befindet sich ein Zimmer im Metropolitan Museum of Art in New York)
| 1767–1770 | Vieux-Laque-Zimmer im Schloss Schönbrunn, Wien 13 (Neugestaltung und Möblierung als Gedächtnisraum für Franz Stephan; nicht gesichert ) |
NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
| 1760 | Palais Hatzfeld in Breslau, Schlesien / Wroclav, PL |
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Sekundärquellen
| LITERATUR:
| E. Berger: Historische Gärten Österreichs: Wien. Wien
| G. Frodl (Hg.):Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, 19.Jh. Bd.5, München u.a. 2002
| A. Hajdecki: Die Wiener Baumeister- und Maurerfamilie des Namens Canevale. In: Jahrbuch der k.k.Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale NF II 1904, S.254ff
| Klassizismus in Wien. Architektur und Plastik. Historisches Museum der Stadt Wien (Ausst.Kat.)
| K. Mollik / H. Reining / R. Wurzer: Planung und Verwirklichung der Wiener Ringstraßenzone. Die Wiener Ringstraße Bd.3 (Textband), Wiesbaden 1980
| R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
| R. Wagner-Rieger: Geschichte der Architektur in Wien. Vom Klassizismus bis zur Secession. In: Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Bd.3, Wien 1973 | HINWEISE AUF WERKE:
| D. Steiner: Architektur in Wien. Wien 1984
| 9.-9 (S.184): (Josephinum) | NACHSCHLAGEWERKE:
| Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.–XIX.u.XXI.–XXIII.Bez.); Dehio NÖ/Süd A–L; Dehio NÖ/Süd M–Z | LEXIKA:
| AKL; ThB; Czeike |
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Anmerkungen
| Eingegeben von: Inge Scheidl | Eingegeben am: 01.10.2012 | Zuletzt geändert: 15.12.2012 |
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