A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | Z
Hans Petschnig

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 01.05.1821 - † unbekannt
Geschlecht: m
Geburtsort: Sentjur pri Celju
damaliger Name: St. Georgen bei Reichenegg, Untersteiermark
Land: Slowenien
damaliger Name: Kaisertum Österreich
weitere Namen: Johann P.
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt, Lehrer
Familiäres Umfeld: Vater: Handelsmann
top
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1837–1841Polytechnisches Institut Wien
top
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1841Baudirektion Graz
1856Baudirektion Ofen, Ungarn / Budapest, H (dazwischen in Weiz, Stmk. u. Ödenburg, Ungarn / Sopron, H)
1856–1861Handzeichenlehrer, Oberrealschule Ofen, Ungarn / Budapest, H
1861–1878Professor, k.k. Gewerbeschule Wien
1878Ruhestand
top
Auszeichnungen und Ämter
1864Korrespondent des k.k. Museums für Kunst und Industrie
1868wirkl. Mitglied der Akademie der bildenden Künste Wien
1870Korrespondent der k.k. Central-Commission
o.J.Lavanter Diöcesan-Architekt
top
Mitgliedschaften
o.J.Altertumsverein Wien
top
Vita
Hans (eigentlich Johann) wurde 1821 in St.Georgen bei Reichenegg, Untersteiermark (heute Sentjur pri Celju, SLO) als Sohn eines Handelsmannes geboren. Nachdem er die Realschule in Cilli (heute Celje, SLO) besucht hatte, inskribierte Petschnig 1837 am Wiener Polytechnikum. Nach Abschluss seiner technischen Ausbildung trat er 1841 in den Staatsbaudienst bei der Baudirektion in Graz ein. Dann folgten Posten in Weiz und Ödenburg (heute Sopron, H). In dieser Zeit begann Petschnig sein Interesse für altdeutsche Kunst durch Bauaufnahmen von benachbarten Kirchen (wie die romanische Kirche St.Jak) zu vertiefen. 1854 beteiligte er sich am Wettbewerb für die Wiener Votivkirche.

1856 kam er zur Baudirektion in Ofen (heute Budapest, H) und erhielt die Stelle eines Lehrers für Freihandzeichen an der Oberrealschule in Pest (Budapest, H). In den Budapester Jahren wurde er mit der Erbauung von Triumphpforten anlässlich eines Kaiserbesuchs (1857) sowie mit der Planung und Ausführung der neuen Oberrealschule in Ofen (1857–1859) beauftragt. Nachdem 1861 die deutschen Professoren die magyarisierte Schule verlassen mussten, ließ sich Petschnig in Wien nieder und trat in die k.k. Gewerbeschule als Professor ein. In den folgenden Jahren erbaute er Sakralbauten (evang. Pfarrkirche in Neunkirchen, NÖ; Pfarrkirche in Szekszard, H).

Ab 1864 war Petschnig Korrespondent des k.k. Museum für Kunst und Industrie und entwickelte eine beachtliche Tätigkeit als Publizist, wobei sich seine Aufsätze vorwiegend mit mittelalterlicher gotischer Kunst befassten. 1867 fungierte er als offizieller Berichterstatter bei der Pariser Weltausstellung; bei der Wiener Weltausstellung 1873 war er Berichterstatter für kirchliche Kunst.

1878 trat er in den Ruhestand ein. Hans Petschnigs Sterbedatum und -ort sind nicht bekannt.
top
Stellenwert
Hans Petschnig wurde in der 2.Hälfte des 19.Jh.s ein überzeugter Befürworter der neogotischen Kunst und Architektur. Er war Mitglied des Kölner Kreises, einer Gruppe mit engen Verbindungen zu ähnlichen progotischen Vereinigungen im damaligen England. Während gotische Architektur traditionell als sakraler Baustil galt, setzte sich der Kölner Kreis auch für „profane“ Bauwerke im neogotischen Stil ein. Für ihre Verfechter, war die Neogotik nicht „national“ besetzt, sondern viel mehr Träger einer eher universellen „christlich-germanischen“ Identität. Diesen Voraussetzungen folgend, verwendete Petschnig für alle seine Projekte einen neogotischen Stil norddeutscher Tradition, ohne dem Genius Loci tatsächlich Rechnung zu tragen.

In der Zeit seines ungarischen Aufenthalts (1856–1861) baute er u.a. die Realschule in Buda (1857–1859), die als Manifest seines Gotik-Ideals anzusehen ist. Der polychrome Ziegelbau präsentiert eine symmetrische Fassade und einen gezackten Grundriss, und erinnert eindeutig an die norddeutsche Architektur. Als rigoroser Neogotiker kritisierte er generell die Anwendung anderer historistischer Baustile in Ungarn: In einem Aufsatz in der Kölner Zeitschrift „Organ für christliche Kunst“ (eine Fachzeitschrift, die sich u.a. mit der Verbreitung des Gotik-Revivals in Mitteleuropa befasste) missbilligte er den damals modernen neomaurischen Stil, da er ungeeignet für Ungarn wäre.

1862 erbaute Petschnig die evangelische Kirche in Neunkirchen, NÖ. Der Sakralbau zählt zu den ältesten evangelischen Kirchen in ganz Österreich. Der hohe Saalbau unter einem Satteldach ist west- und ostseitig von einem Treppen-Glocken-Giebel überragt. Das Spitzbogenportal und die Spitzbogenfenster in der Hauptfassade sind mit Terrakottafriesen verziert. In diesem Fall ließ er sich von Backsteinkirchen Norddeutschlands inspirieren.

Petschnig setzte sich auch mit Restaurierungen auseinander. 1874 renovierte und ergänzte er das Schloss im Mühlbach am Manhartsberg, NÖ. Die historistische Fortsetzung entlang des W-Trakts wurde als doppelgeschossiger, geschlossener Zubau mit Hofgängen sowie im 3.Geschoss einheitlich abschließender Säulenloggia konzipiert.

In der Literatur wurde ihm mehrfach die weitgehende Umgestaltung der Sophiensäle in Wien 3, Marxergasse 17 zugeschrieben. 1870 lieferte ein gewisser Architekt Petschnik die Pläne, die für die ursprünglich offene Eisenkonstruktion mit neogotischen Akzenten von Sicardsburg u. van der Nüll eine Ummantelung vorsahen. Die Längswände erhielten im Zuge des Umbaues korinthische Kolossalpilaster, die die einstigen Konsolvorlagen kaschierten. Die Auflager der gusseisernen Dachträger wurden zu Volutenkonsolen umgestaltet. Nachdem Petschnig ein so strenger Neogotiker war, ist es nach aktuellem Forschungsstand unwahrscheinlich, dass ihm dieser Umbau zuzuschreiben ist.
top
Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1874Schloss, Mühlbach am Manhartsberg, NÖ (Um- u. Zubau)
1889Haus Bodnar, Bezeredj utca, Sechshard, Ungarn / Szekszard, H

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1857–1859Oberrealschule (heute Ferenc Toldy Gymnasium), Ofen, Ungarn / Budapest, H
1862evang. Kirche u. Pfarrhaus, Neunkirchen, NÖ, Dr.-Stockhammer-Gasse 17
1864kath. Kirche, Sechshard, Ungarn / Szekszard, H
1864evangelische Kirche, Agendorf, Ungarn / Agfalva, H
1878Schule, Burgschloß, Ungarn / Varpalota, H

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1857Triumphpforten anlässl. eines Kaiserbesuches, Ofen, Ungarn / Budapest, H

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1854Votivkirche, Wien (Wettbewerb)
1879Kirche, Marienkirchen, OÖ
1885Sparkassengebäude, Cilli, Untersteiermark / Celje, SLO
top
Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
H. Petschnig: Kirchliche Kunst. Officieller Ausstellungs-Bericht. 19. Wien 1873
H. Petschnig: Die zweischiffige Kirche zu Payerbach. In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien 10.1869, S.35-37
H. Petschnig: Die Kirche zu Sievering. In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien 10.1869, S.273-276

Mittheilungen der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale (Auswahl):
12.1867 (Maria Saal in Kärnten)
13.1868 (Marienkirchen aus der Umgebung von Klagenfurt; Die Kirche zu Maria Wörth; Die Kirche zu Maria Feucht; Die Kirche zu Selpritsch; Die Kirche zu Sievering)
14.1869 (Die Wallfahrtskirche zu Maria-Zell in Steiermark; Neunkirchen in Niederösterreich)
15.1870 (Die Wallfahrtskirche Maria Neustift bei Pettau in Untersteiermark)
top
Sekundärquellen

LITERATUR:
A. Alofsin: When buildings speak. Chicago 2006
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
D. Wiebenson / J. Sisa (Hg.): The Architecture of Historic Hungary. Cambridge (Mass.) 1998
W. Wagner: Die Geschichte der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Wien 1967

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio NÖ/Nord; Dehio NÖ/Süd M–Z

LEXIKA:
ThB; J. Wastler: Steirisches Künstler-Lexicon. Graz 1883
top
Anmerkungen
Der im Dehio Wien/2 genannte „Petschnik“ (Umgestaltung der Sophiensäle) konnte nicht identifiziert werden.
Eingegeben von: Diego Caltana
Eingegeben am: 01.10.2013
Zuletzt geändert: 18.11.2013
top
  A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | Z
 
© Architekturzentrum Wien
Mit freundlicher Unterstützung des FWF
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung