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Josef Prokop


Foto Privatbesitz

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 20.05.1839 - † 08.10.1904
Geschlecht: m
Geburtsort: Dubnice pod Ralskem
damaliger Name: Hennersdorf bei Reichenberg, Böhmen
Land: Tschechien
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Baumeister u. Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Anton P. Gutsbesitzer (+1869)
Mutter: Maria Anna, geb. Zimmermann (+1880)
Geschwister: Anton (1837–1904), Theresia, Karoline, Johanna
1.Ehe (1872) mit: Emilie Janisch (1852–1898)
Sohn: Franz (1874–1892)
2.Ehe (1899) mit: Adele Fialkowski (1866–1945)
Bürogemeinschaft: 1871–1877 mit Georg Schlechter
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1860Fachschule in Prag
1860–1963Polytechnikum Wien (technische Abteilung)
1863–1865Akademie der bildenden Künste Wien (Architektur bei van der Nüll)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1869Baumeisterkonzession
ab 1871–1877Miteigner der Baufirma Prokop und Georg Schlechter
ab 1891Alleinbesitzer der Baufirma Prokop
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Auszeichnungen und Ämter
o.J.Armenrat für Wien Hadersorf
o.J.Mitglied eines Konsortiums zum Betrieb eines Theaters
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Mitgliedschaften
ab 1870Mitglied der Bau- und Steinmetzmeistergenosssenschaft
ab 1878Österr. Ingenieur- und Architektenverein
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Vita
Josef Prokop wurde 1839 in Norddböhmen als Sohn eines wohlhabenden Großbauern, dessen Familie sich bis ins 14.Jh. zurückverfolgen lässt, geboren. Als zweitgeborener Sohn musste er nicht den Hof übernehmen, sondern durfte in Prag eine Fachschule absolvieren. Für seine weitere Ausbildung ging er nach Wien, wo er vorerst das Polytechnikum besuchte, um danach an der Akademie der bildenden Künste bei van der Nüll Architektur zu studieren, allerdings brach er sein Studium vorzeitig ab. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.

Nach einigen Jahren des Praktikums erwarb Josef Prokop 1869 die Baumeisterkonzession und machte sich 1871 in Arbeitsgemeinschaft mit Georg Schlechter selbständig. Der Schwerpunkt der gemeinsamen Firma, die auch bauunternehmerisch tätig war, lag in der Errichtung von Miethäusern, die zum Teil für den Mittelstand, aber auch für untere soziale Schichten konzipiert waren und dem klassischen Typus der „Zinskaserne“ entsprachen. Zu diesem Zeitpunkt ging Prokop auch eine Ehe ein, aus der ein Sohn hervorging. Durch den frühen Tod seines Partners Georg Schlechter wurde Josef Prokop bereits 1877 Alleininhaber der Firma, die auch zunehmend größere Auftrage ausführte, wie Fabriken und Schulen, aber auch Hochbauten von Bahnanlagen und anderes mehr.

Nach mehreren familiären Tragödien, wie dem frühen Tod seines erst 18-jährigen Sohnes und dem Dahinscheiden seiner Frau nur einige Jahre später, heiratete Josef Prokop bereits in fortgeschrittenen Jahren die wesentlich jüngere Adele Fialkowski, die Tochter von Nikolaus Fialkowski, einem Mathematikprofessor an der Gumpendorfer Realschule, der auch vorübergehend als Architekt gearbeitet hatte.

Josef Prokop, der es infolge zahlreicher Großaufträge zu großem Wohlstand gebracht hatte, sah sich nach dem Tod seines einzigen Kindes veranlasst, einen Großteil seines Vermögens für wohltätige Zwecke zu widmen und rief mehrere Stiftungen ins Leben, die insbesondere bedürftige Studenten unterstützen sollten. Auch der Gemeinde Hadersdorf erwies er immer wieder Wohltaten. Unter anderem sind die Mitfinanzierung des örtlichen Schulhauses und die Errichtung einer Kaiserbüste davor, in die Annalen eingegangen. Als Josef Prokop 65-jährig an den Folgen einer Diabetes verstarb, wurde von der Gemeinde Hadersdorf noch im selben Jahr (1904) beschlossen, die Gasse in der er zuletzt gewohnt hatte, nach ihm zu benennen.

Das eindrucksvolle klassizierende Mausoleum auf dem Hietzinger Friedhof, in dem Josef Prokop im Rahmen einer äußerst aufwändigen Beerdigung beigesetzt wurde, geht auf einen Entwurf von Professor Julius Koch zurück, mit dem er mehrmals zusammengearbeitet hatte.
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Stellenwert
Josef Prokop, der eine Ausbildung als Architekt an der Akademie der bildenden Künste bei van der Nüll erhalten hatte, war auf diesem Gebiet vor allem am Anfang seiner Karriere tätig, späterhin hat er sich weitgehend darauf beschränkt als Baumeister und Bauunternehmer zu agieren. Möglicherweise waren ökonomische Überlegungen und Zeitmangel die Ursachen für diese Entscheidung.

In seinem architektonischem Werk, soweit es sich überhaupt rekonstruieren lässt, war Josef Prokop ein Vertreter eines „strengen Historismus“, im konkreten Fall der Neorenaissance, deren Formensprache damals das verbindliche Vokabular für Wohnbauten war. Diese Positionierung wird bereits an einem seiner ersten Bauten, einem äußerst repräsentativem Miethaus (1871, Wien 9, Schlickplatz 2) in Ringstraßennähe, deutlich, das auch als sein bedeutendstes Werk anzusehen ist. Charakteristisch ist ein kubisch durchgestalteter Baukörper mit nur flächig ausgebildeten Risaliten. Das rustizierte Sockelgeschoß und die mittels Pilaster gegliederten Obergeschosse entsprechen dem klassischen Kanon, während figurale Skulpturen zur Nobilitierung des Baus beitragen. Etwas variiert wendete Josef Prokop einige Jahre später (1879) dieses Schema auch bei seinem eigenen Wohnhaus in der Millergasse 50 (Wien 6) an, wobei er – der etwas bescheideneren Lage des Hauses entsprechend – auf eine Gliederung mittels Monumentalordnung verzichtete.

Auch bei der – möglicherweise für einen Bekannten – entworfenen Villa Aida in Abbazia/Opatija, die rund zehn Jahre später (1891) errichtet wurde, bleiben ein kubisch durchgestalteter Baukörper und der Einsatz eines Neorenaissancevokabulars prägend.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1871–1872Miethaus, Wien 9, Schlickplatz 3 / Kolingasse 19
1871Miethaus, Wien 5, Einsiedlergasse 19 (mit G. Schlechter)
1873Miethaus, Wien 10, Favoritenstraße 137 (mit G. Schlechter)
1873–1874Miethaus, Wien 6, Kaunitzgasse 14 (mit G. Schlechter)
1875Miethaus, Wien 3, Dampfschiffstraße 6 (mit G. Schlechter, abgerissen)
1879Miethaus, Wien 6, Fügergasse 4 / Millergasse 50 (mit G. Schlechter)
1886Miethaus, Wien 4, Rienösslgasse 1 / Waaggasse 3 (Ausf., E: Fellner & Helmer)
1886Miethaus, Wien 15, Märzstraße 34 (Fassade verändert)
1886Miethaus, Wien 15, Goldschlagstraße 25
1886Miethaus, Wien 7, Schottenfeldgasse 15 (nicht erhalten)
1887zehn Einfamilienhäuser, Wien 18, Währinger Cottage (Ausführung)
1888–1889Miethaus, Wien 6, Windmühlgasse 14
1888Miethaus, Wien 7, Kirchberggasse 21
1889Miethaus, Wien 5, Mauthausgasse 2a (abgerissen)
1889Miethaus, Wien 6, Webgasse 39
1889Miethaus, Wien 7, Zieglergasse 10 (Fassade verändert)
1891Villa Aida, Abbazia, Istrien / Opatija, Viktora Cara Emina 3, HR
1893Miethaus, Wien 6, Gumpendorferstraße 42 (nicht erhalten)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1869Volksschule, Wien 16, Abelegasse 29 (mit G. Schlechter, E: Prof. Julius Koch, nicht erhalten)
vor 1878Bahnstrecke Pöchlarn-Gaming (Mitarbeit)
vor 1878Administrationsgebäude und diverse Überbrückungen der Westbahn (Ausführung)
1879Bezirksjugendamt (ehemals Amtshaus), Wien 14, Hauptstraße 72
1884Pferdemarkt, Wien 5, Siebenbrunnenfeld (Ausführung)
1888Schule, Wien 10, Herzgasse 27 (Ausführung)
1893–1898Gürtellinie der Wiener Stadtbahn (Mitarbeit der Fa. Prokop bei der Ausführung)
1894Wasserbehälter der Hochquellenwasserleitung am Rosenhügel (Entw. Stadtbauamt, Ausführung)
1897Volksschule, Hadersdorf, Wien 14, Hauptstraße 70 (Entw. Matthäus Bohdal)
1902–1903Volksschule, Hennersdorf, Böhmen / Dubnice pod Ralskem, CZ
o.J.Arkaden des Zentralfriedhofs, Wien 11 (Ausführung)

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
o.J.diverse Fabriken

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1883Amthaus Untermeidling (Wettbewerbsprojekt)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
TUWA; WrstLA (Verlassenschaftsakt); Archiv des ÖIAV
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Der Bautechniker, 24.1904, S.939 (Nachruf)
Kunsthistorische Arbeitsgruppe GeVAG: Wiener Fassaden des 19.Jh.s [6. Bezirk]. Wien 1976
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
Ottakring. Ein Heimatbuch des 16.Wiener Gemeindebezirks. Wien 1924 (S.269)
R. Prokop: Josef Prokop. In: Reichenberger Zeitung 12.6.2009
M. Wehdorn: Die Bautechnik der Wiener Ringstraße. Wiesbaden 1979 (Die Wr. Ringstraße, Bd.11)
Wiener Bauindustriezeitung 1904. S.19 (Nachruf)
E. Winkler: Technischer Führer durch Wien. Wien 1873
B. Zakosek: Opatijski Album. Rijeka 2005, S.235
Zeitschrift d. Österr. Ing.- u. Architektenvereines 1904, Nr.43, S.598 (Nachruf)

HINWEISE AUF WERKE:
Der Bautechniker
4.1884, S.603f (Pferdemarkt, Wien 5, Siebenbrunnenfeld)

Wiener Bauindustriezeitung
10.1893, T.3 (Miethaus Wien 9, Schlickplatz 3)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX. Bez.); Dehio Wien/3 (X.–XIX.u.XXI.–XXIII. Bez.)

LEXIKA:
Czeike
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Anmerkungen
Josef Prokop ist keinesfalls mit dem Architekten August Prokop verwandt.
Eingegeben von: Ursula Prokop
Eingegeben am: 01.03.2011
Zuletzt geändert: 30.01.2014
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