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Viktor Rumpelmayer

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 07.11.1830 - † 14.06.1885
Geschlecht: m
Geburtsort: Bratislava
damaliger Name: Pressburg / Pozsony
Land: Slowakei
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
weitere Namen: Rumpelmeyer; Rumpelmeier
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater?: Martin R., Bildhauer
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1847–1848Polytechnische Schule München
1849–1853Akademie der bildenden Künste München
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
um 1860als Architekt im Paris tätig
um 1865im Atelier Sicardsburg und van der Nüll
ab 1872als selbständiger Architekt in Wien tätig
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Auszeichnungen und Ämter
1868Ritter der franz. Ehrenlegion
1881Ritter des preuß. Roten Adler-Ordens 4.Kl.
o.J.Goldenes Verdienstkreuz
o.J.Ritter des portug. Ordens unserer lieben Frau v. Villa Vicosa
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Mitgliedschaften
ab 1874Österr. Ingenieur- und Architektenverein
1881Wr. Freiwillige Rettungsgesellschaft (auch deren Chef-Architekt)
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Vita
Viktor Rumpelmayer wurde 1830 in Preßburg (heute Bratislava, SK) als Sohn eines Bildhauers geboren. Die Familie Rumpelmayer war eine Steinmetzfamilie, so bekam er möglicherweise seine erste fachliche Ausbildung in der Familienwerkstatt. 1847 ließ er sich in München nieder und war als Gasthörer an der Polytechnischen Schule gemeldet. 1849–1853 inskribierte er ein Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste in München bei Prof. Ludwig Lange. Nach dem Diplom folgte ein längerer Paris-Aufenthalt, der für seine spätere Schaffensweise, vor allem bei Innenarchitekturen, von Bedeutung sein sollte. Als Architekt wirkte er zunächst bei den Weltausstellungen in London (1862) und Paris (1867). In Paris baute er den „portugiesischen Pavillon“.

1867 war Rumpelmayer in Wien als Mitarbeiter bei Van der Nüll und Sicard v.Sicardsburg zu finden. Ab 1872 wurde er selbständiger Architekt in Wien und begann eine glänzende Karriere, wobei er insbesondere im Wohnbau für die gehobene Schichten und die Diplomatie in Wien und Pressburg sein Tätigkeitsfeld fand. Er führte auch eine eigene Baufirma, über deren Tätigkeit allerdings ganz wenig bekannt ist.

Als renommierter Architekt wurde er Anfang der 1880er Jahre mit seinen prächtigsten Realisierungen beauftragt: von Graf Pal Festetics mit dem aufwändigen Umbau des Schlosses in Keszthely (H), von Alexander von Battenberg mit den fürstlichen Residenzen für das unabhängige Bulgarien in Sofia und Euxinograd. Diese Projekte wurden allerdings erst nach seinem Tod (1885) vollendet.

Rumpelmayer beschäftigte sich nicht nur mit Architektur, sondern auch mit der angewandten Kunst: abseits seiner Bauprojekte entwickelte er eine spezielle Vorliebe für das Dekor aus Schmiedeeisen, das sehr oft in seinen Gebäuden Platz fand, und seine Gusseisenentwürfe wurden sogar in Kunstgewerbeausstellungen gezeigt.

1881 war Rumpelmayer Gründungsmitglied und Chef-Architekt der Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft. Er erhielt während seiner Tätigkeitsjahre zahlreiche österreichische und ausländische Ehrungen. Viktor
Rumpelmayer starb hoch angesehen und noch mitten im Arbeitsleben stehend an Herzlähmung im 55.Lebensjahr in Wien.
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Stellenwert
Viktor Rumpelmayer wurde eine wichtige Figur im Architekturpanorama des Späthistorismus, wobei sein großer Verdienst sein Beitrag zur Entwicklung des Wiener Neobarocks war. Im Gegensatz zu dem Prunk, der von anderen Architekten (wie z.B. beim Palais Sturany von Fellner & Helmer) befürwortet wurde, stütze sich seine nüchternere Neubearbeitung auf die mitteleuropäische Barocktradition des 18.Jahrhunderts, die besseres Verständnis sowie viele Anhänger fand.

Rumpelmayers Œuvre in Wien nahm zunächst künstlerische Einflüsse von Vertretern des frühen Historismus wie Sicardsburg & Van der Nüll sowie Romano & Schwendenwein auf. Von den letzteren scheint er die Neorenaissance mit reduzierter Ornamentik, die sich im Wesentlichen auf die klar geschnittenen Fenster beschränkt und auf Wandgliederung mit Pilastern verzichtet, übernommen zu haben. Das Palais Sigray-St.Marsan (Wien 3, Jaurèsgasse 9, 1872), die Britische Botschaft (Wien 3, Metternichgasse 6, 1873–1876 erbaut) und die Deutsche Botschaft (Wien 3, Metternichgasse 3, 1877–1879 erbaut) gehören zu den wichtigsten Bauten dieser Phase.

Die Botschaft von Großbritannien ist ein dreigeschossiger Bau, der vor dem Zweiten Weltkrieg mit einem Kanzlei- und Dienertrakt (ähnlich wie in der ehem. Deutschen Botschaft) verbunden war. Der ursprünglich angelegte Garten an der Ecke Jaurèsgasse-Salesianergasse musste in den 1990er Jahren einem Neubau weichen. Im Rumpelmayers Bau ist das Erdgeschoss genutet, während die beiden Obergeschosse glatt mit kräftiger Ortbandrustizierung gestaltet sind. Die Fenster in der Beletage sind mit wuchtigen Dreiecksgiebeln auf Konsolen monumental gestaltet. Die Fassadenmitte gegen die Metternichgasse ist durch einen Erker auf Konsolen charakterisiert.

In seinen folgenden Bauten (in den späten 1870er Jahren) neigte Rumpelmayer allmählich zu einem üppigen Dekor aus dem Formenrepertoire des österreichischen Barocks: geschwungene Fensterbekrönungen, reich gestaltete Portale sowie Balkone mit schmiedeeisernen Gittern wurden Charakteristika der eleganten Wohnbauten und vor allem der Adelspalais, die er in dieser Zeit realisierte.

1878 errichtete Rumpelmayer das Palais Nathaniel Rothschild (später Kinsky) in Wien 4, Plößlgasse 8. Das kleine zweigeschossige Stadtpalais hat eine einfache, genutete Fassade, während sich das Dekor auf die barockisierenden Fensterrahmungen und geschwungenen Verdachungen konzentriert. Markantes Element ist das seitliche Portal mit bekrönendem Gitterbalkon. 1879 wurde das Palais durch einen Flügeltrakt für den neuen Besitzer, Friedrich Carl Graf Kinsky, von Rumpelmayer selbst erweitert.

Das zweigeschossige Palais Hohenlohe-Bartenstein in Wien 4, Schönburgstraße 8–10, für das er 1880 den Auftrag erhielt, weist unverkennbar städtebauliche und architektonische Analogien mit dem drei Jahre zuvor errichteten Palais Rothschild-Kinsky auf. Erstens fällt die Ähnlichkeit des Baugrunds und Bauvolumens auf. Zweitens dominieren die Nutung auf der ganzen Fassade, das Dekor in den Beletage-Fenstern mit „hildebrandtischen“ Verdachungen auch hier die Komposition. Die beiden seitlichen Rundbogenportale knüpfen direkt an die Tradition des Stadtpalais des Wiener Barock an.

Ende der 1870er Jahren baute Rumpelmayer außerdem drei große Zinshäuser für das Großbürgertum, das ehem. Dietrichsteinsche Miethaus in Wien 1, Löwelstraße 8 (1877), das Zinspalais in Wien 1, Seilerstätte und das Zinspalais in Wien 4, Schwindgasse 4 (1880). Hier werden die Formen der Neu-Wiener-Renaissance mit barockem Dekor gemischt. Während im Dietrichsteinschen Zinshaus ein Mittelrisalit die Fassade unterteilt und im Wohnpalais in der Schwindgasse die seitlichen Achsen mit Erkern gekennzeichnet sind, werden beide Wohnhäuser von einem mittleren, von ionischen Säulen flankierten Portal mit bekrönendem Balkon dominiert.

Die Bauaufträge des Grafen Festetics und des Fürsten von Bulgarien bedeuteten für Rumpelmayer eine Auseinandersetzung mit Projekten in einem neuen, größeren Maßstab. Für solche Bauten wählte er entschlossen sein nun beliebtes Neobarock und vor allem die Bauten in Bulgarien trugen dazu bei, die neuen Wiener Architekturtendenzen im Ausland bekannt zu machen.

Wenig bekannt sind Rumpelmayers sakrale Bauten. 1875–1876 baute er die anglikanische Kapelle der britischen Botschaft, deren Bau mit allerhöchster Entschließung des Kaisers Franz Joseph I. erlaubt wurde. Die kleine einschiffige Kirche wurde als Rohziegelbau in neogotischen Formen in Anlehnung an die spätviktorianischen Sakralbauten errichtet.

Durch die Familie Krupp erhielt Rumpelmayer die darauf folgenden Aufträge, nämlich die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Berndorf (1881) und – ein Jahr später – das Mausoleum der Familie in derselben Ortschaft in Niederösterreich zu errichten. Rumpelmayer zeichnete die Pläne, nach denen ab 1883 die Marienkirche in Formen der Neogotik entstand. Das Mausoleum schließt stilistisch an seine anderen sakralen Bauten an.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1872ehem. Palais Sigray Saint-Marsan (heute iranische Botschaft), Wien 3, Jaurèsgasse 9 / Reisnerstraße 49
1873–1876Botschafterresidenz Großbritannien, Wien 3, Metternichgasse 6
1878Palais Nathaniel Rothschild, dann Kinsky, Wien 4, Plößlgasse 8
1877Dietrichsteinsches Miethaus, Wien 1, Löwelstraße 8
1878Miethaus, Wien 1, Seilerstätte 15 / Johannesgasse 10 (1892 verändert
1879–1884königl. Schloss, Sofia, BG (heute Nationalgalerie)
1880Palais Hohenlohe-Bartenstein, Wien 4, Schönburgstraße 8-10
1880Palais Apponyi, Wien 4, Johann Strauß-Gasse 7
1880Miethaus, Wien 4, Schwindgasse 4
1883–1885Schloss Festetics, Keszthely, H (Um- und Zubau; nach seinem Tod vollendet)
1885Palais Palffy, Pressburg / Bratislava, SK (wahrscheinlich ein Umbau; von F. Rumpelmayer vollendet)
1885Schloss, Euxinograd, BG (nach seinen Plänen erbaut)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1867Portugiesischer Pavillon auf der Pariser Weltausstellung
1877–1879Deutsche Botschaft, Wien 3, Metternichgasse (von J. Hoffmann 1940 verändert; nach 1945 abgetragen)
1876Anglikanische Kapelle (Christ Church), Wien 3, Metternichgasse
1881–1883Marienkirche, Berndorf, NÖ
1882Mausoleum der Familie Krupp, Berndorf, NÖ
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Wr.Ringstraßenarchiv; WStLA; OESTA; Wien Museum; Archiv Adler; Pfarre St.Josef (Matrikenstelle)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
G. Berger: Relazioni: internationales Wien. Frankfurt 2009
G. Doytchinov / C. Gantchev: Österreichische Architekten in Bulgarien 1878–1918. Wien 2001
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20.Jh.s. 2.Bd., Wien 1906
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
R. Wagner-Rieger: Geschichte der Architektur in Wien. Vom Klassizismus bis zur Secession. In: Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Bd.3, Wien 1973
ÖKT 41: G. Hajos: Die Kirchen des 3. Bezirks, Wien 1974
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
„Die großen Architekten der Ringstraßenzeit, ihre Vorläufer und Nachfahren auf dem Lande“. (Ausst-Kat) Bad Vöslau 1987
Bautechniker 5.1885, S.308 (Nachruf)

HINWEISE AUF WERKE:
Deutsche Bauzeitung
10.1876, S.357f (Gußeisenentwurf von Rumpelmeier auf der deutschen Kunstgewerbeausstellung München)
13.1879, S.526 (Palais der deutschen Botschaft in Wien)

Wiener Bauindustrie Zeitung
2.1885, T.181 (Palais Kinsky); T.189f (Deutsche Botschaft)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez); Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX.Bez.); Dehio NÖ/Süd A–L

LEXIKA:
ThB; ÖBL

INTERNETLINKS:
www.wikipedia.de; www.dasmuseen.net
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Anmerkungen
Eingegeben von: Diego Caltana
Eingegeben am: 01.10.2012
Zuletzt geändert: 15.12.2012
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