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Franz Matuschek

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Ausstellungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 04.11.1874 - † 25.05.1935
Geschlecht: m
Geburtsort: St.Pölten, NÖ
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Maria Enzersdorf, NÖ
Land: Österreich
Titel: Prof.
weitere Namen: Matouschek, Matauschek
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Franz, Gärtner in Gaming
Sohn: Franz Hubert (1902-1968), Architekt
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
um 1892Abschluss Staatsgewerbeschule Salzburg
2 Jahre Praxis bei Architekt Carl Gangolf Kayser
1895-1899Akademie der bildenden Künste Wien (Otto Wagner)
1899Studienreise nach Ober-, Mittel- und Süditalien, Frankreich, Deutschland, Schweiz
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1900im Atelier Otto Wagners
1902-1908in Budapest im Architekturbüro Alpar
1908-1913selbständiger Architekt in Budapest
1913Rückkehr nach Wien
ab 1925Zusammenarbeit mit Sohn Franz Hubert
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Auszeichnungen und Ämter
1896Preis eines alten Architekten
1897Rosenbaum-Preis
1899Schwendenwein-Reisestipendium
1930Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich
1931Semper-Preis
1931Staatspreis und Fischer v.Erlach-Preis
1934Professorentitel
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Mitgliedschaften
ab 1918Wiener Bauhütte (Obmannstellvertreter im Wettbewerbs-Ausschuss)
ab 1919Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
ab 1922Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Stellvertreter 1931)
o.J.Österr. Werkbund
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Vita
Franz Matuschek wuchs in einfachen Verhältnissen als Sohn des gräflich Festetits’schen Obergärtners in Gaming, NÖ auf. Nach Beendigung der Pflichtschule besuchte er zunächst die Staatsgewerbeschule in Salzburg und begann, nachdem er diese absolviert hatte, eine Lehrzeit bei dem Architekten Carl Gangolf Kayser. Der junge Absolvent war damals die einzige Hilfskraft in Kaysers Atelier, das fast ausschließlich mit Restaurierungen und Rekonstruktionen von Burgen befasst war. So wurde ihm auf diese Weise eine umfassende Kenntnis aller mittelalterlichen Baustile vermittelt. Er erhielt bei Kayser nicht nur eine gute berufliche Grundlage, der Burgenarchitekt erkannte auch die Begabung seines Mitarbeiters und riet ihm, sich um die Aufnahme an der Architekturklasse der Akademie der bildenden Künste bei Otto Wagner zu bewerben. Acht von den zweihundert Bewerbern wurden aufgenommen, darunter Franz Matuschek.

Auf Grund seiner ausgezeichneten Leistungen wurde Matuschek der Besuch der Akademie nicht nur finanziell durch ein Stipendium erleichert, er errang auch verschiedene Preise, darunter im letzten Studienjahr den Schwendenwein-Preis, ein hochdotiertes Reisestipendium. Dieser Preis ermöglichte ihm eine sechsmonatige Studienreise durch Italien, Frankreich, Deutschland und die Schweiz. Zurückgekehrt, trat er in das Atelier Otto Wagners ein, der immer wieder gerne seine fähigsten Studenten zur Mitarbeit heranzog.

Es gab dort jedoch für den hoch motivierten jungen Architekten keine geeigneten Aufgaben, und so nahm er ein sehr verlockendes Angebot als künstlerischer Leiter eines großen Architekturbüros in Budapest an. Bei diesem blieb er bis 1908 und nach eigener Angabe wurden in dieser Zeit nach seinen Entwürfen, allerdings nicht unter seinem Namen, eine große Anzahl von Palais, Villen und Zinshäusern in Budapest und ungarischen Provinzstädten ausgeführt. Schließlich machte sich Matuschek selbständig, da er als Architekt bereits einen guten Namen hatte und mit vielen Aufträgen betraut wurde. Die fehlenden Möglichkeiten, eine gute (deutschsprachige) schulische Ausbildung für seinen Sohn zu finden, veranlassten ihn jedoch, nach Wien zurückzukehren und hier nochmals einen Neuanfang als selbständiger Architekt zu starten.

Bereits 1915 musste er zur militärischen Ausbildung einrücken, zwei Jahre später wurde er als Leutnant dem schweren Artillerie-Regiments Nr.1, das an der Isonzo-Front lag, zugeteilt, später jedoch zur Luftfahrzeug-Abteilung des technischen Militär-Komitees in Wien abkommandiert. Die Jahre nach dem Zusammenbruch der Monarchie brachten nur wenige Aufträge, meist waren es Umbauten oder Adaptionen. Erst das Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien veränderte die Auftragslage für die Architektenschaft, so auch für Franz Matuschek, und die folgenden Jahre entwickelten sich für ihn als Baukünstler durchaus erfolgreich. In der damals schwierigen wirtschaftlichen Zeit scheint Matuschek allerdings in eine finanzielle Notlage geraten zu sein. Obwohl weiterhin mit Preisen und Ehrungen ausgezeichnet, richtete er nämlich Ende 1931 an den Unterstützungsfond des Künstlerhauses die Bitte, ihm mit einem Betrag auszuhelfen, da er sich „durch die katastrophalen Misserfolge in meinem Beruf in einem krankhaft überreizten Zustand“ befand. Matuschek sollte sich weder gesundheitlich noch finanziell erholen. Im April 1935 ersuchte ein Vertreter des Künstlerhauses den Bürgermeister der Stadt Wien, der gänzlich mittellosen Familie die Spitalskosten des schwer herzkranken Architekten zu erlassen. Wenige Wochen später, bald nach seinem 61. Geburtstag, starb Franz Matuschek.
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Stellenwert
Als einer der begabtesten Schüler Otto Wagners errang Franz Matuschek bereits in seiner Studienzeit zahlreiche Preise. Wie alle Architekten der ersten Generation der Wagner-Schule beteiligte er sich auch später an vielen Wettbewerben. Er wurde häufig mit Preisen ausgezeichnet, den zahlreichen Projekten stehen jedoch nur wenige Verwirklichungen gegenüber.

Die Entwürfe seiner Anfangszeit, sowohl das Projekt für einen Zoologischen Garten (seine Abschlussarbeit, für die er das Schwendenwein-Stipendium erhielt) wie auch der im gleichen Jahr entstandene Konkurrenzentwurf für die Kaiser Franz Josef Jubiläums-Kirche (Wien 2, Mexikoplatz) dokumentieren noch stark seine Abhängigkeit vom Formenkanon der Wagner-Schule. Bei beiden verarbeitete er ein von Otto Wagner vorformuliertes Schema, das nicht nur bei Kirchenbauten, sondern auch bei Profanbauten zur Anwendung kam. Ein meist überkuppelter, von turmartigen Elementen flankierter Zentralraum trat nach außen hin als dominierendes Charakteristikum auf, das seitlich um entsprechende Anbauten erweitert werden konnte. Das Kirchenprojekt wurde von einer der christlichen Symbolik entlehnten Dekoration (u.a. Engelsfiguren) geschmückt, den Tiergarten-Entwurf hingegen beleben phantasievolle, an keine Tradition anknüpfende Formen. Bei Wohnhausentwürfen übernahm er den von Wagner entwickelten Typus des durchgehend verglasten zweizonigen Geschäftsbereichs, den ein schmiedeeiserner Balkon von den Wohngeschossen trennt, und hielt sich teilweise bis ins Detail an das Vorbild der Wienzeile-Häuser seines Lehrers.

Über Matuscheks Leistungen in Ungarn ist sehr wenig bekannt, doch scheint in seiner Formensprache ein Wandel eingetreten zu sein. So übernahm Matuschek bei dem prämierten Entwurf für die Synagoge in Triest zwar das Wagner’sche Schema des überwölbten Zentralraums, das sich als mächtiger Halbzylinder, flankiert von hohen Pylonen an der Eingangsfront, zu erkennen gibt. Der Wechsel von geschlossener Fläche und schmalen Fensteröffnungen verleiht dem kubischen Baukörper jedoch eine zusätzliche Plastizität, die zu den häufig die Fläche betonenden Kompositionen der Wagner-Schule in Gegensatz steht. Der junge Architekt, der nun gefordert war, die an der Akademie entwickelten Grundlagen der Architektur den Anforderungen von Öffentlichkeit und Auftraggeber anzupassen, wo „oft dem recht zweifelhaften Geschmack der Auftraggeber Rechnung getragen werden musste“ (Lebenslauf, Künstlerhaus), war gleichzeitig auch gegenüber neueren Einflüssen offen. So dekorierte er das Haus für den ungarischen Bildhauer Manos Rakos (Budapest, Stadtwäldchen) an der Fassade mit Lisenen, deren Sechseckmotive an Formen des tschechischen Kubismus erinnern.

Die für Wien wohl bedeutendste Arbeit Franz Matuscheks, vor allem auch in städtebaulicher Hinsicht, war die Wohnhausanlage Sandleiten in Wien 16, die er als Ergebnis eines Wettbewerbs in Gemeinschaft mit den Wagner-Schülern Emil Hoppe und Otto Schönthal verwirklichen konnte. Ihr Konzept sah nicht die übliche geschlossene Randverbauung mit axialer Ausrichtung vor, sondern hielt sich an die städtebaulichen Theorien Camillo Sittes. Die Anlage folgt den topographischen Linien des ansteigenden Geländes mit einer möglichst aufgelockerten, malerischen Bebauung. Gekurvte Straßen, Treppenanlagen, Grünflächen mit verschiedenen Platzfigurationen, gestaffelte und geschwungene Hausfronten, höher geführte Bauteile, Brunnen und Plastiken schufen ein Ensemble von außerordentlichem Abwechslungsreichtum. Zahlreiche soziale Einrichtungen und eine vollständige Infrastruktur lassen die Wohnanlage als eine organisch gewachsene „Stadt in der Stadt“ erscheinen. Ebenso detailreich wurden die einzelnen Baukomplexe gestaltet, wobei sowohl die Außenräume (Laubengänge, Kolonnaden, Terrassen, Arkaden) als auch die Fassaden überaus unterschiedliche Formen und eine Vielfalt von Dekor- und Gliederungsmotiven zeigen. Barocke Formen, wie die Rundbogenfenster der Bibliothek, mischen sich mit expressiv gezackten Giebelformen, die auch die Eingänge akzentuieren. Wuchtige Gesimsbänder, die manchmal Fenster zu Gruppen zusammenfassen, akzentuieren die Fronten. Dann wurde wiederum eine völlig flächige Gestaltung gewählt und die Fassade mit einem rasterartigen Liniennetz überzogen, in das die Fenster eingepasst sind. Kubistische, würfelförmige oder auch halbrunde Elemente wechseln mit biedermeierlichen Lunettenformen und einer Tendenz zum Heimatstil. Auf die neue Sachlichkeit im Bauen verweisen die einer zweckmäßigen Setzung entsprechenden, verschobenen Stiegenhausfenster, expressionistisch sind Kanterker und Zinnenmotive. Secessionistischer Dekor und figuraler Schmuck, der der Wiener Werkstätte nahe stand, kam ebenso zum Einsatz. Einzig Stiegen-, Stütz- und Böschungsmauern wurden einheitlich aus gebuckelten Konglomeratsteinen errichtet.

Der Versuch, in dieser großen Vielfalt der Motive die Handschrift des einzelnen Architekten zu entdecken, muss weitgehend Spekulation bleiben. Bei Matuschek fehlen auch Vergleichsmöglichkeiten, da er in der damals wirtschaftlich schwierigen Zeit keine Wohnbauten mehr ausgeführt hat. Er war vorwiegend mit Umbauten, Innen- und Ausstellungsgestaltungen befasst. Vielleicht lässt der später entstandene Schubert-Brunnen, Wien 9, Alserbachstraße, und der Entwurf für die Schmerlingplatz-Verbauung bei ihm eine Neigung zur Verblockung und Versachlichung der Formen erkennen, die sich in manchen Details schon beim Sandleiten-Hof abzeichnete. Auf Grund der äußeren Umstände blieb ihm, einem der hoffnungsvollsten Architekten seiner Generation, in Wien eine volle Entfaltung seiner Talente und Fähigkeiten versagt.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1909Villa von Mano Rakos, Budapest, H, Stadtwäldchen
um 1910Palais Pucher, Budapest, H, Petöfi-Platz
1922Umbau des Graben-Hotels, Wien 1
1924-1928WHA d. Gemeinde Wien, Sandleiten-Hof, Wien 16, Sandleitengasse / Rosenackerstraße/ Baumeistergasse / Rosa-Luxemburg-Gasse / Nietzsche-Platz / Gomperzgasse / Matteottiplatz (Wettbewerb mit Emil Hoppe und Otto Schönthal)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1927Errichtung des Schubert-Brunnens, Wien 9, Alserbachstraße (mit Bildhauer Theodor Stundl)

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1915Inneneinrichtung des Kaffeehauses im Hotel Krantz, Wien 1, Neuer Markt (jetzt Hotel Ambassador)
1922Einrichtung der Augustiner-Bar und des Augustiner-Kellers, Wien 1, Augustinerstraße 3
19272.Umbau des Hotel Krantz, Wien 1, Neuer Markt (jetzt Hotel Ambassador)
1928Otto Wagner-Ausstellung im Künstlerhaus (anlässlich des 10.Todestages O. Wagners)
1929Raumgestaltung für die Jubiläumsausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler
193051.Jahresausstellung des Künstlerhauses (gesamte Raumgestaltung)
1931Ausstellung „Blume u. Plastik“: Der Blumenhof, Künstlerhaus
einige Palaiseinrichtungen in Budapest, diverse Geschäftslokale und Portale in Wien

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1898Jubiläumskirche für Wien (Wettbewerb mit Innfeld)
1901Arbeiterheim Favoriten (Wettbewerb, Entwurf zum Ankauf empfohlen)
1903-1905Synagoge für Triest, I (intern. Wettbewerb, 1.Preis, mit Emil Adler, betraut mit den Ausführungsplänen)
1909Schlossbrunnenanlage Karlsbad, Böhmen / Karlovy Vary, CZ (Wettbewerb, 2.Preis)
1915Umbau des Kursalons in Wien 1 (Wettbewerb, einer der fünf ersten Preise)
1922Clubhaus für Barcelona, E (internat. Wettbewerb, in der Wiener Vorkonkurrenz 1.Preis, in der Konkurrenz in Spanien in engerer Wahl)
1924Brigitta-Brücke, Wien 20 (Wettbewerb für die architektonische Gestaltung)
1927Umgestaltung des Schmerlingplatzes Wien 1 (Wettbewerb, Ankauf)
1931WHA d. Gem. Wien, Wien 15, Vogelweidplatz (Wettbewerb)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
WStLA; KHA des WStLA
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Sekundärquellen

LITERATUR:
B.Blaschke / L. Lipschitz: Architektur in Wien. Wien 2003
F. Borsi / E. Godoli: Wiener Bauten der Jahrhundertwende. Stuttgart 1985
O.A. Graf: Die vergessene Wagnerschule. München 1969
H. und R. Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934. Wien 1980
Hist. Museum d. Stadt Wien (Hrsg.): Das ungebaute Wien 1800-2000. (Ausst.Kat.) Wien 1999
M. Kristan: Oskar Marmorek. Wien 1998
A. Moravanski: Die Architektur der Donaumonarchie. Berlin 1988
Á. Moravánsky: Die Erneuerung der Baukunst. Wege zur Moderne in Mitteleuropa 1900-1940. Wien/Salzburg 1988
M. Pozzetto: Die Schule Otto Wagner: 1894–1912. München 1980
I. Scheidl: Schöner Schein und Experiment. Wien/Köln/Weimar 2003
R. Schmidt: Das Wiener Künstlerhaus 1861–1951. Wien 1951
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002

HINWEISE AUF WERKE:
Architektonische Monatshefte
8.1902, H.7 (Entwurf Wohn- und Geschäftshaus)

Der Architekt
6.1900, T.9 und 10 (Konkurrenz Kaiser Franz Josef-Jubiläumskirche)
15.1909, S. 48, T.38f (Projekt für israelitischen Tempel in Triest) / T.40 (Haus Manos Rakos, Budapest)

Österr. Bau- u. Werkkunst
1.1924, S.51f (Wettbewerb „Sandleitengasse“, Situationsplan und Modell)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/2; Arch. Wien; Dehio 3

LEXIKA:
ThB; Czeike
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Ausstellungen
1999Das ungebaute Wien 1800-2000, Hist. Museum der Stadt Wien
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Anmerkungen
Eingegeben von: Jutta Brandstetter
Eingegeben am: 01.11.2005
Zuletzt geändert: 12.06.2007
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