A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | Z
Helmut Camillo Wagner-Freynsheim

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 25.01.1889 - † 16.02.1968
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Bregenz
Land: Österreich
Titel: Dipl.Ing.
weitere Namen: Hellmuth, Helmut Camillo von Wagner-Freynsheim
Religionsbekenntnis: Evang.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Bruno W., Direktor der Nordbahn
Mutter: Mathilde, geb. v. Lützow
Ehe (1921) mit Alice Daisy Faber
eine Tochter
Bürogemeinschaft: 1913-1921 mit Percy Faber
top
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1908Studium an den Technischen Hochschulen in Darmstadt
1908-1909Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger
1908-1912Studium an der Technischen Hochschule Wien
1912-1914Besuch der Bauschule bei Adolf Loos (einer der drei Schüler des 1.Jahrgangs)
Reisen nach Europa und Asien
top
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1913-1921selbständiger Architekt in Ateliergemeinschaft mit Percy Faber
1914-1918Militärdienst
1921-1930selbständiger Architekt in Wien (gelegentliche Zusammenarbeit mit Heinz Rollig)
1930-1945selbständiger Architekt in Kitzbühel
1947-1949lebt in Leopoldskron bei Salzburg
1949-1951lebt in Bezau, Vorarlberg, überwiegend als Aquarellist tätig
1951-1968als Architekt in Bregenz tätig, Mitarbeit bei der Baugenossenschaft „Wohnbauselbsthilfe“
top
Auszeichnungen und Ämter
1935Goldmedaille, Weltausstellung Brüssel
top
Mitgliedschaften
ab 1930Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
ab 1912Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
o.J.Österreichischer Werkbund
top
Vita
Helmut Wagner-Freynsheim stammte aus einem sehr kultivierten bürgerlichen Milieu. Sein Vater war Direktor der Staatseisenbahnen, seine Mutter eine Tochter des Kunsthistorikers Carl Lützow. Er selbst erhielt eine fundierte fachliche Ausbildung. Nach seinem Schulabschluss studierte Wagner-Freynsheim an den Technischen Hochschulen in Darmstadt und Wien. Darüber hinaus besuchte er als einer der ersten Schüler die Bauschule bei Adolf Loos. Noch kurz vor dem Ersten Weltkrieg machte er sich selbständig und ging eine Ateliergemeinschaft mit Percy Faber ein. Nach seinem Kriegsdienst, der ihn auch nach Russland und in die Türkei führte, wurde das gemeinsame Büro Anfang der 20er Jahre aufgelöst. In dieser Zeit heiratete er auch die Schwester seines Büropartners, aus der Ehe ging eine Tochter hervor. In den folgenden rund zehn Jahren seiner Tätigkeit in Wien realisiert Wagner-Freynsheim zahlreiche Einfamilienhäuser und Wohnhausanlagen. Aufgrund seiner guten gesellschaftlichen Kontakte hatte er viele Auftraggeber aus höheren Gesellschaftskreisen. Diese Verbindungen führten auch zur Ausführung einiger bedeutender Bauvorhaben in Galizien.

Anfang der 30er Jahre übersiedelte er nach Kitzbühel, das vom aufkommenden Wintersport geprägt in diesen Jahren einen großen Aufschwung erfuhr, und realisierte für zahlreiche Prominte Einfamilienhäuser. Dennoch blieben viele Projekte unausgeführt. Insbesondere mit dem Kitzbühler Baureferenten Alfons Walde, der als Maler Berühmtheit erlangte, kam es immer wieder zu Konflikten. Über den Verbleib Wagner-Freynsheims während des Zweiten Weltkrieges gibt es divergierende Angaben. Entgegen einer manchmal in der Literatur angeführten Emigration (Weissenbacher, Gmeiner/Pirhofer) ist Wagner-Freynsheim offensichtlich in Kitzbühel geblieben und war auch an einigen regionalen Planungen beteiligt. Für eine mögliche politische Verstrickung spricht auch die Beschlagnahme seines Kitzbühler Hauses nach dem Krieg und seine Übersiedlung nach Salzburg, wo er einige Jahre lebte und sich nur als Aquarellist und Maler betätigte.

Ende der 40er Jahre ging Wagner-Freynsheim nach Bezau, Vorarlberg, wo er sich wieder als Architekt, insbesondere auf dem Gebiet des sozialen Wohnbaus betätigte und unter anderem Mitbegründer der Wohnbaugenossenschaft „Wohnbauselbsthilfe“ war. Ende der 50er Jahre zog sich Wagner-Freynsheim infolge einer Asthmaerkrankung aus dem Berufsleben zurück und widmete sich wieder der Malerei. Er verstarb im 79.Lebensjahr in Bregenz.
top
Stellenwert
Wagner-Freynsheim, der zu den Loos-Schülern der ersten Stunde zählt, ist heute zu Unrecht ein wenig in Vergessenheit geraten und wird zumeist nur im Kontext der Werkbundsiedlung beachtet, obwohl er ein durchaus bemerkenswertes architektonische Œuvre hinterlassen hat.

Von den in seinen Wiener Jahren realisierten Projekten gehört neben seinem Doppelhaus in der Werkbundsiedlung (Wien 13, Jagdschloßgasse 68–70) insbesondere die Villa Auspitz auf der Hohen Warte (Wallmodengasse 10) zu den bemerkenswertesten Bauten der österreichischen Zwischenkriegsarchitektur. Ausgehend vom Purismus eines Adolf Loos gelang es hier in Synthese mit Tendenzen der zeitgenössischen Moderne, wie sie vom Bauhaus in Deutschland und Le Corbusier geprägt worden waren, einen Bau zu realisieren, der von größter Transparenz und einer anmutigen Eleganz geprägt war. Wagner-Freynsheim erhielt dafür eine hohe internationale Auszeichnung.

Nach seiner Übersiedlung nach Kitzbühel gelang es Wagner-Freynsheim, eine neue Art von „Tiroler Architektur“ auszuformulieren, wobei in gewisser Weise das Landhaus Khuner von Adolf Loos als Vorbild gedient hatte. Die Tiroler Bauten, zumeist in Holzbauweise mit flachen Pult- oder Satteldächern, zeichneten sich im Inneren durch eine große Raumökonomie aus, die vor allem durch unterschiedliche Raumhöhen erzielt wurde. Im Sinne eines gesamtheitlichen Konzepts bezog Wagner-Freynsheim zumeist auch die Gestaltung der Gärten in die Planung mit ein. Viele seiner Projekte, die mit ihrer kräftigen Farbigkeit und ihren streng geometrischen Formen nur bedingt in Einklang mit der lokalen Tradition standen, stießen auf den Widerstand der Zeitgenossen und blieben daher unausgeführt.

Seine Vorarlberger Bauten nach dem Zweiten Weltkrieg sind von einer unprätentiösen Schlichtheit.

Wagner-Freynsheim war auch als Innenarchitekt tätig und hat zahlreiche Inneneinrichtungen entworfen.
top
Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1914Umbau Haus Bujatti, Wien 13, Wattmanngasse18 (mit Percy Faber)
1924-1925WHA d. Gem. Wien, Wien 14, Hickelgasse 16
1928Villa Emil Emmer, Mährisch-Schönberg / Sumperk, CZ Husitska 5
1928-1929Wohnanlage für Arbeiter und Angestellte der Firma „Latorica“ in Munkács, CS / Mukacevo, UA
1929WHA d. Gem. Wien, Wien 14, Hickelgasse16
1929Haus Auspitz, Wien 19, Wallmodengasse 10 (verändert)
1931Portal des Lederwarengeschäftes Benes, Wien 1, Kärntnerstraße 44 (nicht erhalten)
1931-1932Doppelhaus Werkbundsiedlung, Wien 13, Jagdschlossgasse 68-70
1931-1932Haus Amfaldern Kitzbühel, Tirol, Reischfeld 1
1931-1932Haus Theresienhütte, Kitzbühel, Tirol, Malinggasse 20
1932-1933Villa Schwarzenberg-Coburg (realisiert?)
1933Pension Fyra Vindar, Kitzbühel, Tirol, Bachingstraße 5 (verändert)
1933Haus Prantl, Kitzbühl, Tirol, Mahlinggasse 16 (abgerissen)
1933Haus Wagner-Freynsheim, Kitzbühel, Tirol, Reschfeld 1
1934Haus Frank Kitzbühel, Tirol, Hornweg 27
1933-1934Haus Glentor Kitzbühel, Tirol, Lebenbergweg 4
1935Sanatorium „Helenenheim“ (Umbau zweier alter Villen), Linz, OÖ, Maderspergerstraße 22a
1936Haus Fritzi Hoffmann, Kitzbühel, Tirol, Aschbachweg 1
1936Umbau Gasthof Stern, Kufstein, Tirol
1937Villa Miss Bell. Kitzbühel, Tirol, Lebenbergweg 4
1951Haus Winkel, Bregenz, Vlbg.
1954-1957zwei Wohnhausanlagen der „Wohnbauselbsthilfe“ in Bregenz, Vbg.
1957-1958Wohnhochhaus Bregenz, Vbg.

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
um 1920Verwaltungsgebäude der Böhler Stahlwerke, Wien 1, Elisabethstraße (mit Percy Faber)
1929Messepavillon der Österr. Alpine Montan, Wien (nicht erhalten)

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
um 1925Einrichtung Palais Schönborn in Mukács, Polen / Munkacewo, UA
um 1925Einrichtung Herrenhaus in Solotvin, Polen / UA
zahlreiche Inneneinrichtungen

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1913Entwurf einer Villa in Hietzing
1927Haus Weiser in Mährisch-Schönberg / Sumperk, CZ (ehemals Dr.-Karl-Hager-Straße)
1927Völkerbundpalais (Wettbewerb)
1927Standardhotel auf der Rax, NÖ, für Arthur Krupps
1928Typenhotel für Großstädte
1928Entwürfe diverser Filialen für die Hammerbrotwerke in Wien
1928-1929Direktionsgebäude und Wohnanlage für Arbeiter und Angestellte des Sägewerks OFA in der Slowakei
1929Wohn- u. Geschäftshaus Wien 1, Ballhausplatz
1929Kino für die Firma „Latorica“, Mukács, CS / Munkacevo, UA
1929Arbeiterwohnanlage der Firma „Latorica“, Cynadijev / Cinadijevo, UA
1929Dorfschule, Zdeniowa, PL
1930Projekt einer Reihenhaussiedlung (Siedlungsgesellschaft ARA), Wien–Strebersdorf
um 1930diverse KAFAWAG-Typenhäuser
1932Entwurf Villa Kommerzialrat Gouray
um 1930Entwurf Wohnhaus Sick v. Waldegg
1930Landhaus Fürst Schwarzenberg in Hluboka, CZ
1935Hausl Hölzel, Kitzbühel, Tirol
1935Pension Hoch, Kitzbühel, Tirol
1935Einfamilienhaus für den Ozeanflieger Dieudonné Costes, Kitzbühel, Tirol
1935Wohnhaus Theodor Schaljapin, Kitzbühel, Tirol
1935Wohnhaus des Filmproduzenten Oswald, Kitzbühel, Tirol
1937Wochenendhaus Fink am Plattensee / Balaton, H
1938Hotel, Museum u. Direktorenwohnung für die Österr. Alpine Montangesellschaft, Stmk.
1938Werkschule, Alpine Montan, Stmk.
1941Stadtverbauungsplan der Gemeinde Kitzbühel, Tirol
um 1942Gaststättengebäude an der Bergstation der Hahnenkammbahn in Kitzbühel, Tirol
1942Haus Safranek, Kitzbühel, Tirol
1949Hauptschule Bregenz, Vbg. (Wettbewerb)
1949Städtisches Krankenhaus Bregenz, Vbg. (Wettbewerb)
1950Kurhaus Salzburg (Wettbewerb)
1959Montanhochschule Leoben, Stmk. (Wettbewerb)
um 1959Chriurgische Universitätsklinik, Innsbruck, Tirol (Wettbewerb)
1960Hauptschule Bregenz-Egg, Vbg. (Wettbewerb)
1961Volksschule und Berufsschule, Bregenz, Vbg., Augasse (Wettbewerb)
zahlreiche Entwürfe für Einfamilienhäuser in Wien und Kitzbühel
top
Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
H. Wagner-Freynsheim: Die Typiserung des Hotelbaus. In: Die Baugilde 1928, S.1205ff
H. Wagner-Freynsheim: Die neuen Helmuttypen der KAFAWAG. In: Das KAFAWAG-Eigenheim 1931, S.5ff

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
TUWA; Graphische Sammlung Albertina Wien (Nachlass)
top
Sekundärquellen

LITERATUR:
M. Eisler: Die Werkbundsiedlung Wien. In: Moderne Bauformen 31.1932, S.435ff
M. Ermers: Die Werkbundsiedlung Wien Lainz. In: Bauwelt 23.1932, H.24, Beil, S.1ff
J. Frank: Zur Entstehung der Werkbundsiedlung. In: Bau- u. Werkkunst 8.1901/32, S. 169ff
J. Frank: Die Werkbundsiedlung Wien. In: Innendekoration 43.1932, S. S.273ff
A. Gmeiner / G. Pirhofer: Der österreichische Werkbund. Salzburg/Wien 1985
H. Hammer: Das Stadtbild von Kitzbühel in Tirol. Innsbruck 1940
C. Jäger: Österreichische Architektur des 19. und 20.Jh.s. Wien/Graz 2005
O. Kapfinger / A. Krischanitz: Die Wiener Werkbundsiedlung. Wien 1985
H. Kulka: Adolf Loos. Wien 1931
N. Mayr: Der Architekt Wagner-Freynsheim. Dipl.Arb. Sbg., 1988
I. Meder: Offene Welten, Die Wiener Schule im Einfamilienhausbau. Diss. Stuttgart, 2003
ÖKT 55, H. Thaler u. a.: Linz. Horn 1999
P. Plaisier: De leerlingen van Adolf Loos. Delft 1987
L.W. Rochowansky: Wohnhaus Stephan Auspitz, Wien. In: Deutsche Kunst und Dekoration 66.1930, S.50ff
D. Steiner: Häuser im Alpenraum. Innsbruck 1981
O. Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. München 1966
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde. Wien 1999-2000

HINWEISE AUF WERKE:
Bau und Werkkunst
7.1930/313, S.90f (Einfamilienhaus in Tirol)

Die Baugilde
10.1928, H.16, S.1205ff (Typisierung des Hotelbaus )

Deutsche Kunst u. Dekoration
64.1929, S.317ff (Hotelentwurf)

Moderne Bauformen
35.1936 H.1 (vier Wohnhäuser in Kitzbühel)

Österr. Kunst
3.1932, H.2, S.31 (Geschäftsportal Alfred Benesch)

profil
1.1933. S.78ff (Haus Auspitz)
2.1934, S.216ff (Ferienhaus)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/2; Dehio 3

LEXIKA:
ThB 35; Vollmer 5
top
Anmerkungen
Eingegeben von: Ursula Prokop
Eingegeben am: 01.11.2005
Zuletzt geändert: 16.03.2018
top
  A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | Z
 
© Architekturzentrum Wien
Mit freundlicher Unterstützung des FWF
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung