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Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Sekundärquellen
Anmerkungen
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Persönliche Daten
| * 04.01.1881 - † 21.05.1938 | Geschlecht: m | Geburtsort: Wien | Land: Österreich | damaliger Name: Österreich-Ungarn | Sterbeort: Wien | Land: Österreich | Titel: Ing. | Religionsbekenntnis: Mosaisch | Berufsbezeichnung: Architekt und Baumeister | Familiäres Umfeld: Vater: Max E. (1838-1911), Inhaber der „Gas- und Wasserleitungsanstalt F. Epstein & Co.“
| Mutter: Johanna Kantor (1848-1890)
| 3 Halbbrüder: Berthold (*1870); Gustav (*1875); Alfred (*1877); 1 Halbschwester: Erna (*1876)
| Ehe (1924) mit Melanie Hugel, geb. König |
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
| 1900 | Matura Staatsgewerbeschule Wien
| 1906 | Baumeisterprüfung |
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
| nach 1900 | wahrscheinlich Anstellung bei der Fa. Wilhelm Schimitzek & Franz Anderle
| 1906 | Baumeisterkonzession und eigenes Baumeisterunternehmen in Wien
| 1909-1911 | Zusammenarbeit mit Adolf Loos (Bauleitung Haus am Michaelerplatz, Wien 1) |
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Mitgliedschaften
| ab 1906 | Verein der Baumeister Niederösterreichs
| ab 1908 | NÖ Gewerbeverein
| ab 1910 | Genossenschaft der Bau- und Steinmetzmeister
| ab 1920 | Zentralvereinigung der Architekten Österreichs |
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Vita
| Ernst Epstein entstammt einer jüdischen Unternehmerfamilie. Im Gegensatz zum damals üblichen Ausbildungsweg absolvierte er nach der Staatsgewerbeschule kein akademisches Studium, allerdings hat sich Epstein stets als Architekt und Baumeister bezeichnet.
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| Nach einigen Praxisjahren eröffnete Epstein ein eigenes Baumeisterbüro, das er mit überaus großem Erfolg führte. Er war ein äußerst anpassungsfähiger Auftragnehmer, der den Wünschen der Bauherren entgegenkam, seine Werke den städtebaulichen Gegebenheiten anpasste und mit großem Geschick über sämtliche gängige Stilarten verfügte. Epsteins Cousin, der Rechtsanwalt Dr. Siegfried Kantor, war zudem bei der Lukrierung zahlreicher Aufträge maßgeblich beteiligt. Wie erfolgreich Epsteins Unternehmen war, zeigt sich daran, dass er schon drei Jahre nach seiner Büroeröffnung selbst Grundstücke aufkaufen konnte, die er sodann mit fertigen Bauplänen und einer vorliegenden Baubewilligung gewinnbringend wieder verkaufte. Bedeutend für Epsteins berufliche, aber auch gestaltungsmäßige Entwicklung war, dass er bei der Errichtung des Hauses am Michaelerplatz von Adolf Loos die Bauleitung übernehmen konnte.
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| Bis zum Ersten Weltkrieg errichtete Epstein vor allem Wohn- und Geschäftshäuser. Bemerkenswert ist, dass es ihm gelang, nach Beendigung des Krieges und sogar in der Rezession der Zwischenkriegszeit seine intensive Bautätigkeit fortzusetzen. Er spezialisierte sich vorerst auf den Villenbau im Cottage-Viertel und auf der Hohen Warte für durch den Krieg reich gewordene Kunden. Ab 1929 zählten fast ausschließlich Firmen, Versicherungen und Gesellschaften zu seinen Auftraggebern. Insgesamt errichtete Epstein in Wien rund 100 Häuser.
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| Während des Ersten Weltkriegs war Epstein der Militärbauabteilung zugeteilt, wurde zum Landsturm-Ingenieur, sodann Landsturm-Offizial ernannt und leistete seinen Dienst ein Jahr in Lemberg und danach in Wien ab.
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| Einen Tag nach Einführung der „Nürnberger Rassegesetze“ im Jahr 1938 beging Epstein Selbstmord durch Veronal. Obwohl er schon im Jahr 1903 aus der Israelitischen Religionsgemeinschaft ausgetreten war, wurde er auf Anordnung des nationalsozialistischen Regimes in der Israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs beerdigt.
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| Epsteins Reinvermögen, das er testamentarisch seinen Brüdern vererbte, belief sich auf rund 800.000 Reichsmark (= ca. 3 Millionen Euro). Als die Verlassenschaft 1941 geregelt war, hatten die Brüder allerdings die „Ostmark“ längst verlassen. |
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Stellenwert
| Epsteins Erfolg lag vor allem darin, dass er mit solidem baumeisterlichen Können auf moderne Strömungen im Baugeschehen reagierte und die Auftraggeber stets mit aktuellen, aber auch ästhetisch ausgewogenen Ergebnissen zufriedenstellen konnte.
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| Während er bei seinen ersten Miethäusern dem vorherrschenden Zeitgeschmack mit secessionistischen Dekorationsformen, teilweise mit barocken Motiven kombiniert, entgegenkam, lässt sich bei ihm in weiterer Folge die Tendenz zu einer einfacheren Formensprache erkennen. Bei Miethäusern vermittelte Epstein mit schlichten Motiven aus dem Wiener Biedermeier den Eindruck bürgerlicher Wohnlichkeit, bei repräsentativen Mietpalais bevorzugte er neoklassizistische Formen bzw. schloss er mit barocken Motiven an die Tradition an. Bei Wohn- und Geschäftshäusern hingegen wählte Epstein monumentale, neoklassizistische Formen, wobei die Gestaltung der Foyers bei ihm einen besonderen Stellenwert einnahm.
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| Eine entscheidende Wende in der Bautätigkeit Epsteins vor dem Ersten Weltkrieg erfolgte durch seine Tätigkeit als Bauleiter bei der Errichtung des Wohn- und Geschäftshauses Goldman & Salatsch in Wien 1, Michaelerplatz von Adolf Loos (1910/11). Seine Bauten zeigten fortan eine monumental-dekorative Gestaltung der Geschäftszone, den Einsatz von Säulen und Baywindows, eine strenge Gliederung der Fassaden und eine Reduktion der Dekoration. Dessen ungeachtet versuchte Epstein jedoch stets eine stilistische Annäherung an benachbarte Gebäude, und mit Hilfe von einzelnen Motivzitaten historischer Vorbilder stellte er häufig einen Bezug zur lokalen Tradition her.
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| Die Villenbauten, die Epstein nach dem Krieg errichtete, dienten vor allem der Selbstinszenierung der oftmals neureichen Bauherren und zeigen die monumentale und repräsentative Formensprache des Neoklassizismus. Gegen Ende der 20er Jahre trägt Epstein der nunmehr aktuellen Rückbesinnung auf lokale Traditionen durch verstärkten Rückgriff auf das Wiener Biedermeier Rechnung.
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| Bei den Miethäusern, die Epstein in den 30er Jahren im Auftrag von Versicherungsgesellschaften errichtete, zeigt sich die allgemein neue Tendenz zu Prinzipen der Neuen Sachlichkeit und ebenso der Einfluss des Wohnhausbaus der Gemeinde Wien. Die Fassaden erfahren insgesamt eine Vereinfachung und sind durch rhythmische Fensteraufteilungen sowie Balkone und Loggien akzentuiert.
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| Epsteins Bauten entspringen in ihrem Streben nach Harmonie sowohl im Detail als auch im Gesamtbild einer prinzipiell klassizistischen Grundhaltung und zeichnen sich durch einen repräsentativen Charakter, durch die Berücksichtigung moderner Anforderungen bezüglich der Hygiene- und Lichtverhältnisse sowie durch die Vereinigung von Wohnlichkeit und Funktionalität in der Grundrissplanung aus. Epstein ist, wie F. Achleitner betont, ein „typischer Repräsentant“ der Baukultur nach der Jahrhundertwende, indem er „trotz seiner unverkennbaren Handschrift doch auch ‚Zeitgeist‘ reflektiert“. |
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Werke
| WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
Epstein hat rund 100 Wohn- und Geschäftsbauten realisiert. Es wurde eine Auswahl von Bauten getroffen, die für seine jeweilige Schaffensperiode typisch sind.
Einfluss Adolf Loos:
| 1910 | Miethaus, Wien 8, Lerchenfelderstraße 54-56
| 1910-1911 | Wohnhaus Paulanerhof, Wien 4, Schleifmühlgasse 3 / Paulanergasse 12
| 1910-1911 | Wohnhaus, Wien 4, Schleifmühlgasse 5 / Paulanergasse 14
| 1912 | Wien 5, Schloßgasse 14
| 1912 | Büro- und Wohnhaus, Wien 7, Hermanngasse 8
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Secessionistisch - Neoklassizistisch - Biedermeier (zumeist vermischt):
| 1906 | Miethaus Römerhof, Wien 16, Sautergasse 43 / Stöberplatz 9 (ehemals Römergasse 75)
| 1906 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 14, Hütteldorferstraße 206 (ehemals Wien 13, Nr.156)
| 1906 | Miethäuser Severin Tesar, Wien 14, Hütteldorferstraße 208-212 (ehemals Wien 13, Nr.158-168)
| 1906-1908 | Miethaus Severin Tesar, Wien 19, Sieveringerstraße 107
| 1908-1909 | Wohn- und Bürohaus, Wien 7, Seidengasse 30
| 1908 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 7, Seidengasse 33-35 (Fabriksanbau im Hof)
| 1909 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 4, Wiedner Gürtel 26
| 1909 | Miethaus „Blaashof“ Wien 19, Hardtgasse 27-29
| 1910-1911 | Miethaus „Paulanerhof“, Wien 4, Schleifmühlgasse 3
| 1910 | Wohn- und Fabrikshaus, Wien 7, Kandlgasse 23 (im Hof Fabriksanbau Schuhfabrik Steiner)
| 1910-1911 | Miethäuser, Wien 5, Laurenzgasse 6 und 12
| 1910-1911 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 8, Alser Straße 23 / Lange Gasse 69
| 1911 | Miethaus, Wien 4, Argentinierstraße 26
| 1911 | Miethausblock, Wien 5, Siebenbrunnenfeldgasse 12-18 / Storckgasse 11-27
| 1911 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 8, Josefstädterstraße 21
| 1911 | Miethaus, Wien 18, Messerschmidtgasse 48 / Gersthoferstraße 105
| 1912 | Miethaus Wien 7, Neubaugasse 61
| 1912 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 6, Mariahilferstraße 57-59 / Barnabitengasse 11-15
| 1912 | Wohn- und Bürohaus, Wien 18, Thimiggasse 19
| 1912 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 7, Hermanngasse 8
| 1912-1913 | Miethäuser, Wien 19, Pyrkergasse 7 / Vormosergasse 1, 3, 5
| 1913-1914 | Miethaus, Wien 3, Reisnerstraße 40 (bis 1988 Britische Botschaft)
| 1914 | Miethaus, Wien 3, Hohlweggasse 30
| 1921 | Villa, Wien 19, Peter Jordan Straße 48
| 1921-1922 | Villa Elfer, Wien 19, Blaasstraße 31
| 1922 | Villa, Wien 19, Blaasstraße 33 / Hans Richter Straße (heute Lybische Botschaft)
| 1922 | Miethaus, Wien 12, Längenfeldgasse 29
| 1922-1923 | Villa Siegfried Kantor, Wien 18, Geyergasse 8
| 1923-1924 | Villa, Wien 19, Weimarerstraße 108 (heute Japanische Botschaftsresidenz)
| 1924 | Villa, Wien 19, Scheibengasse 11
| 1924 | Miethaus, Wien 3, Neulinggasse 37 / Gottfried-Kellergasse 11
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Versachlichung - Auseinandersetzung mit dem Wiener Gemeindebau:
| 1928-1929 | Büro- und Geschäftshaus „Allgem. Versicherungs-Gesellsch. Phönix“, Wien 9, Frankhplatz 3 / Otto-Wagnerplatz 5 (heute Gebäude der ÖMV)
| 1929 | Miethaus, Wien 3, Gottfried-Kellergasse 13
| 1929 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 6, Aegidigasse 5
| 1929 | Miethaus, Wien 13, Braunschweiggasse 26
| 1929 | Miethaus Wien 13, Lainzerstraße 84
| 1930 | Miethaus, Wien 13, Kupelwiesergasse 19
| 1930 | Miethaus, Wien 13, Fichtnergasse 14
| 1930 | Wohnhäuser, Wien 3, Rechte Bahngasse 24-28
| 1931 | Wohn- und Geschäftshaus, Wien 23, Speisingerstraße 119
| 1933 | Miethaus, Wien 3, Traungasse 7
| 1935 | Miethaus, Wien 12, Meidlinger Hauptstraße 16-18 |
INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
| 1908 | Fabrik Severin Tesar, Wien 2 (heute Wien 22), Alliiertenstraße 16
| 1909-1910 | Papierwarenfabrik Alexander Königstein, Wien 7, Zieglergasse 63
| 1912 | Kapsch AG, Wien 12, Johann-Hoffmann-Platz 9
| 1912-1913 | Wohn- Geschäfts- und Bürohaus, Fabriksgebäude „Bothe & Ehrmann - J.W. Müller A.G.“, Wien 5, Schloßgasse 14
| 1913 | Bürohaus und Industriegebäude „Josef Weidinger’s Söhne“, Wien 6, Apollogasse 6
| 1922-1923 | Strickwarenfabrik P.M. Glaser, Wien, 12, Flurschützstraße 25-35
| 1924-1925 | Textilfirma Berhard Altmann, Wien 5, Siebenbrunnengasse 21 |
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Sekundärquellen
| LITERATUR:
| S. Alber: Architekt Ernst Epstein. Dipl.Arb. Uni. Wien 2000
| F. Borsi / E. Godoli: Wiener Bauten der Jahrhundertwende. Stuttgart 1985
| F. Feldegg: Das neue Wiener Zinshaus (8, Langeg. 69) In: WBIZ 31.1913/14, S.191ff
| Festschrift zur 50 Jahrfeier der techn. gew. Bundes-Lehranstalt Wien I. 1880-1930
| K. Gruber u.a.: Ernst Epstein. Der Bauleiter des Looshauses als Architekt. (Ausst.Kat.) Wien 2002
| A. Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstraße. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße, Bd. 4. Wiesbaden 1972
| Kunsthist. Arbeitsgruppe GeVAG: Wiener Fassaden des 19.Jh.s. Wien 1976
| A. Lehne: Jugendstil in Wien. Wien 1989
| A. Lehne: Ernst Epstein, Wien. In: Bauwelt 93.2002, S.4
| ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV., und V. Bezirks. Wien 1980
| U. Prokop: Wien. Aufbruch zur Metropole. Wien u.a 1994
| O. Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. München 1966
| Wiener Neubauten im Style der Sezession. 5 Bde. Wien 1902ff | HINWEISE AUF WERKE:
| Der Architekt
| 15.1909, T.27(Miethaus Wien 7, Seidengasse)
| 17.1911, S.74 (6, Schleifmühlgasse 5)
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| Arch. Rundschau
| 21.1905, H.3, S.22 (Weltausstellung St. Louis 1904 - Ehrenhof der dt. Unterrichtsabteilung)
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| Der Bautechniker
| 31.1911, S.283f (Wohn- und Geschäftshaus Wien 6, Schleifmühlgasse 5)
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| Neubauten in Österreich. 3 Bde, Wien o.J.
| 2.Band, T.20 (Wien 13, Hütteldorferstr. 168=14, Nr.212)
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| Österreichische Bauzeitung
| 1.1925, S.256f (Wirkwarenfabrik P.M. Glaser, Wien 12, Flurschützgasse)
| 4.1928, S.376 (Das neue Phönixhaus)
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| profil
| 3.1935, H.10, S.465 (Wohnhaus der Versicherungsges. Phönix)
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| WBIZ
| 27.1910, T.53 (Wohnhaus Wien 4, Wiedner Gürtel 26)
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| Wiener Neubauten im Style der Sezession. 5 Bde. Wien 1902ff
| 4.Band, T.10ff (14, Hütteldorferstr. 158-168)
| 5.Band, T.15 (7, Seidengasse) | NACHSCHLAGEWERKE:
| Achl. III/1; Achl. III/2; Dehio Wien/1 (I.Bez.); Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)
| S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977 | LEXIKA:
| AKL |
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Anmerkungen
| Eingegeben von: Inge Scheidl | Eingegeben am: 01.05.2005 | Zuletzt geändert: 27.03.2009 |
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