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Stefan Fayans

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Ausstellungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 15.06.1879 - † 1942
Geschlecht: m
Geburtsort: Warszawa
Land: Polen
damaliger Name: Russisches Reich
Sterbeort: Maly Trostinec
damaliger Name: Ghetto Minsk
Land: Polen
damaliger Name: Deutsches Reich
Titel: Dr.
Religionsbekenntnis: Mosaisch
Bürogemeinschaft: 1908-1910 mit Fritz Bretschneider, Wien 8, Hamerlingplatz 10
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1897-1902Akademie für Civilarchitekten St.Petersburg
1904Promotion an der techn. Hochschule Wien (bei Karl König)
mehrere Auslandsreisen
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
o.J.Tätigkeit im Atelier Fellner & Helmer
1905Tätigkeit im Atelier Ludwig Baumann in Wien
1906Tätigkeit im Atelier Alfred Messel in Berlin
1907Bürogemeinschaft mit Fritz Brettschneider
1910Selbständiger Architekt
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Mitgliedschaften
ab 1908Österr. Ingenieur- und Architektenverein
ab 1909 Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
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Vita
Über die Herkunft von Stefan Fayans ist nur bekannt, dass er jüdischer Abstammung war. Laut seinen Angaben hat er in St. Petersburg studiert und ist nach Abschluss des Studiums nach Wien übersiedelt. Er schrieb bei Karl König eine Dissertation über moderne Friedhofsanlagen und promovierte im Jahr 1904. Fayans war zunächst im Atelier von Fellner & Helmer, dann kurze Zeit bei Ludwig Baumann und schließlich ein Jahr in Berlin im Atelier Alfred Messels tätig.

Im Jahr 1907 gründete Fayans mit Fritz Brettschneider die Firma Brettschneider & Fayans, machte sich aber im Jahr 1910 selbständig. Er hat sich intensiv mit theoretischen Fragen der Baukunst auseinandergesetzt, konnte jedoch nur vergleichsweise wenige Bauten realisieren. Allerdings war Fayans ein gefragter Innenausstatter für Wohnungen, Kinos oder gastwirtschaftliche Betriebe.

Am 14. September 1942 – im Alter von 63 Jahren – wurde Stefan Fayans nach Minsk, das heutige Maly Trostinec, deportiert, wo er auch umgekommen zu sein scheint.
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Stellenwert
Stefan Fayans hat sich intensiv mit der Anlage von Friedhöfen, insbesondere unter Berücksichtigung der geologischen Beschaffenheit des Geländes, befasst, konnte jedoch seine Theorien nicht in die Praxis umsetzen. In seinen weiteren zahlreichen theoretischen Abhandlungen hat sich Fayans mit ästhetischen Fragen der Architektur und vor allem mit der aktuellen Bautätigkeit, speziell den neuen Bauaufgaben für Industrie und Verkehr, auseinandergesetzt. Er betonte, dass die „gegenwärtige soziale Weltanschauung“ das Zeitalter der Industrialisierung hervorgebracht habe und nunmehr ein vorrangiges Bedürfnis bestehe, die in diesem Zusammenhang neu entstandenen Bautypen nach außen hin in „erhabener und künstlerischer Form zu dokumentieren“. Fayans bejaht zwar den künstlerischen Wert des Ornaments, betont aber gleichzeitig, dass eine „größtmögliche Einfachheit“ die Formgebung beherrschen müsse. Das Ornament, so Fayans, müsse den Stellenwert eines „untergeordneten, unaufdringlichen Architekturelementes“ erhalten, das heißt, dass nunmehr die Erfindung von neuen und „absurd wirkenden“ Ornamentformen – er wendet sich explizit gegen den „Sezessionstil“ – obsolet geworden sei.

Fayans setzte sich auch mit der Gestaltung „der modernen Bautype des Warenhauses“ auseinander. Er zeigte sich offen gegenüber den neuen Eisenkonstruktionsweisen, sprach sich aber dezidiert für deren „steinerne architektonische Verkleidung“ aus. Trotz der intensiven Auseinandersetzung mit den „neuen Bautypen“ konnte Fayans allerdings keine seiner Ideen umsetzen.

Eine andere Sichtweise hatte Fayans bezüglich traditioneller Bauaufgaben, wie das Wohn- bzw. Landhaus. Auch hier prangert er bei der formalen Ausbildung die eklektizistische Praxis, das „Kopieren bis zur Bewusstlosigkeit“ an und postuliert: „Das Einfache, Sachliche, Einheimische soll in der Sprache der modernen Bauwerke verkörpert werden.“ Verblüffend sind in diesem Zusammenhang Fayans Schlussfolgerungen: Das „Einheimische“ ist seiner Auffassung nach nämlich mit dem der „Volksseele“ am nächsten stehenden Baustil, der „wunderbaren alten Barockkunst“, zu erzielen, während das „Einfache und Sachliche“ aus den „Offenbarungen der ländlichen, bäuerlichen Kunst zu erlernen“ sei.

In der Praxis hat Fayans mit stark modifiziertem barockem Dekor die Bauten sparsam, in ausgewogener Verteilung bereichert, die einzelnen Bauelemente mit Dekorstreifen akzentuiert und insgesamt ästhetisch ansprechende, repräsentative Wohnhäuser geschaffen, die im Verzicht auf eine damals durchaus übliche Dekorationsfülle ein vornehmes Erscheinungsbild aufweisen (z.B. Miethaus „Carl Ludwig-Hof“, Wien 18, Währingerstraße, 1909).

Bei den Inneneinrichtungen diverser Vergnügungsstätten sowie von Wohnungen tendierte Fayans hingegen sehr wohl zu reichlichem und üppigem Dekor in gotisierender oder barockisierender Formensprache. Kennzeichnend sind die sorgfältige Durchbildung der Zierate, der häufige Einsatz figürlicher Plastik sowie eine ausgesprochene Farbenfreudigkeit, wobei die Nuancierung innerhalb eines Grundtons vorherrschend war. Erst in seinen letzten Arbeiten fand Fayans zu einer einfacheren Formensprache und zur Reduzierung der üppigen Ornamentik, wie z.B. bei den Einrichtungen des Parkhotels Schönbrunn oder im Kursalon im Wiener Stadtpark.

In der zeitgenössischen Rezeption hat sich Fayans vor allem durch seine Arbeiten über Friedhofsanlagen einen Namen gemacht. Auch aus heutiger Sicht sind weniger Fayans’ Bauten interessant als seine theoretischen Überlegungen. Er stellte sich nicht nur der Frage, wie neue Bauaufgaben zu lösen seien, sondern setzte sich auch intensiv mit der stilistischen Gestaltungsweise auseinander. Fayans’ Überlegungen spiegeln damit paradigmatisch die Diskussionen um eine neue, zeitgemäße architektonische Ausdrucksweise, die in der Architekturtheorie um die Jahrhundertwende breiten Raum einnahmen.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1909Miethaus „Carl Ludwig-Hof“, Wien 18, Währingerstraße 117-119 (mit Fritz Brettschneider)
1909-1910 Arbeiterkolonie der Österr. Zuckerindustrie AG, Bruck an der Leitha, NÖ (mit Fritz Brettschneider)
1931-1932WHA d. Gem. Wien, Wien 12, Malfattigasse 7 / Oppelgasse 19 (Zuschreibung fraglich)
1935Café Siller, Wien 1, Schwedenplatz (Adaptierung)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1909-1910Dorotheum, Wien 18, Währingerstraße 134 (mit Fritz Brettschneider)
1910-1911Kinderkrankenhaus, Wien 18, Theresiengasse 37 (zerstört)
1923Grabmal Jacques Menachem Elias, Wien 11, Zentralfriedhof, Gruppe 52

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1814Café Herrenhof, Wien 1, Herrengasse 19 (1965 zerstört)
1915-1916Restaurant Pucher mit Konzertsaal, Wien
1916Kino Schwarzenbergplatz, Wien 3
1917-1918Maria Theresienkino, Wien
1924Konditorei, Essegg, Jugoslawien / Osijek, HR
1924Rathauskeller, Wien 1 (neuer Gesellschaftssaal)
1925Sitzungszimmer der Vaterländischen Holzindustrie AG., Agram, Jugoslawien / Zagreb, HR
1927 Casino Zögernitz, Wien 19, Döblinger Hauptstraße 76 (Zubau mit Laubengarten, verändert)
1929 Hübners Parkhotel in Schönbrunn, Wien 13, Hietzinger Hauptstraße 12-14 (verändert)
1930Kursalon Wiener Stadtpark (zerstört)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1915Neuer Friedhof der israelitischen Kultusgemeinde (Wettbewerb, 2.Preis)
1935Projekt zur Erschließung des Kahlenberges (Wettbewerb, Ankauf)
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
S. Fayans: Die Entwicklung der modernen Friedhofsanlagen und dero verschiedene Bestattungsarten... Wien 1905
S. Fayans: Bestattungsanlagen (Handbuch der Architektur, IV.Teil, 8.Halbband, Heft 3). Stuttgart 1907
S. Fayans: Kunst und Architektur im Dienste des Totenkults. In: ZÖIAV 60.1908, S.593ff
S. Fayans: Baukunst und Volk. In: Moderne Bauformen, 8.1909, S.337ff
S. Fayans: Architektur und Ästhetik. In: Mitteilungen der Zentralvereinigung der Architekten 2.1909, Nr.12, S.1ff
S. Fayans: Das moderne Arbeiterhaus (Arbeiterkolonie der Österr. Zuckerindustrie in Bruck a.d.L.) In: Der Industriebau 2.1911, S.22ff
S. Fayans: Der Stil der Architektur in der Gegenwart. In: WBIZ 28.1911, S.120f, S.151f (= der Text seines Vortrages)
S. Fayans: Karl König (Zu seinem siebzigsten Geburtstag). In: Neues Wiener Tagblatt, Wien, 3.12.1911, S.3f
S. Fayans: Zur Michaelerplatzfrage. WBIZ 28.1911, S.143ff
S. Fayans: Der Stil in der Architektur der Gegenwart. In: ZÖIAV 63.1911, S.752

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv ÖIAV
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Sekundärquellen

LITERATUR:
F. Fellner v.Feldegg: Architekt Dr.Ing. Stefan Fayans (Wiener Architekten). Wien/Leipzig 1930
H. und R. Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934. Wien 1980
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934. Wien 2002 (1985)

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
22.1919, S.73f (Portal Restaurant Pucher Wien) / S.3 (Damensalon Café Herrenhof) / S.74 (Zuschauerraum, Operateurkabine Ma. Theresienkino) / S.75 (Warteraum Ma. Theresienkino) S.75 (Zuschauerraum Kino Schwarzenbergplatz)

Moderne Bauformen
23.1924, S.283f ( Kamintüre Rathauskeller, Wien) / S.284 (Damensalon, Konditorei Essegg) / S.285 (Saal Rathauskeller, Wien) / S.286, S.288 (Speisezimmer Dr. N. in Agram) / S.187 (Beleuchtungskörper)

Österreichische Kunst
6.1935, H.6, S.20 (Vorgarten Café Siller) / S.21 (Projekt Kahlenberg) / S.22 (Roxy-Bar, Innenansicht)

WBIZ
28.1911, S.125, T.29 (Mausoleum Fam. Elisas Wiener Zentralfriedhof)
29.1912, S.87 (Arbeiterkolonie Zuckerindustrie)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/2; Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
AKL
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Ausstellungen
1924Kunstgewerbeverein Wien
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Anmerkungen
Die WHA d. Gem. Wien, Wien 12, Malfattigasse 7 / Oppelgasse 19 wird von Achleitner, Hautmann und Weihsmann einem Oskar Fayans zugeschrieben, über den keine Daten oder sonstige Informationen eruiert werden konnten.
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 01.11.2005
Zuletzt geändert: 16.04.2008
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