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Alexander Graf

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 22.12.1856 - † 11.06.1931
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Alexander G. (1859-1899), Zuckerbäcker
Mutter: Karoline geb. Marksteiner (+1885)
ledig
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1873-1881Technische Hochschule Wien (bei Heinrich Ferstel, Karl König)
einjährige Studienreise nach Italien, Reisen nach Deutschland, Paris, London, Antwerpen
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1881-1888Tätigkeit im Atelier Fellner & Helmer
1888Selbständiger Architekt
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Mitgliedschaften
ab 1888NÖ Gewerbeverein
ab 1908Österr. Ingenieur- und Architektenverein
ab 1908Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
ab 1910Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
o.J.Albrecht Dürerbund
o.J.Wiener Bauhütte
o.J.Architetkenclub der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
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Vita
Alexander Graf wurde in Wien als Sohn eines Zuckerbäckers geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule in Wien Architektur und trat anschließend in das renommierte Atelier Fellner & Helmer ein, wo er acht Jahre tätig war.

Nach einer einjährigen Studienreise durch Italien machte sich Graf selbständig. Die Erfahrungen, die er im Atelier Fellner & Helmer im Bereich des Theaterbaus hatte machen können, kamen ihm in seiner weiteren Laufbahn bald zu Gute. Der Verein des Kaiser-Jubiläums Stadttheaters in Wien beauftragte sowohl Fellner & Helmer als auch Alexander Graf, geeignete Pläne für den Bau eines Volkstheaters (Wien 9, Währingerstraße 78) auszuarbeiten. Die Jury entschied zwar zu Gunsten des Projekts von Fellner & Helmer, der Verein beauftragte aber dennoch Graf mit der Ausführung, allerdings mit der Auflage, mit einem zweiten Architekten zusammenzuarbeiten. Die mit dem Auftrag verbundene Bekanntheit verhalf Graf in der Folge zur Ausführung einer Reihe von kleineren Stadttheatern in den Ländern der Donaumonarchie, wie etwa in Mährisch-Ostrau oder in Laibach. Weiters war Graf auch für die Ausführung von Wohnbauten, Landhäusern und Villen, Ausstellungsbauten sowie Schlossrenovierungen verantwortlich.

Nach dem Ersten Weltkrieg gelang es Graf nicht mehr, ausreichend Aufträge zu requirieren und er geriet offensichtlich in eine finanzielle Notlage. In einem Schreiben an die Genossenschaft der bildenden Künstler bat er nämlich unverblümt um finanzielle Unterstützung. Erst als die Gemeinde Wien ab Mitte der 20er Jahre die Errichtung von Wohnhausanlagen forcierte, besserte sich Grafs Situation, indem er in den Jahren 1924–29 drei Wohnhausbauten für die Gemeinde Wien errichten konnte. Trotzdem geriet er – offensichtlich krankheitsbedingt – wieder in Not. In einem Schreiben aus dem Jahr 1929 an den Stadtrat bittet die Genossenschaft der bildenden Künstler für Graf, der „seit geraumer Zeit fast arbeitsunfähig“ geworden ist, um die Gewährung einer „fortlaufenden Gnadengabe oder Ehrenpension“.

Nach langem, schwerem Leiden starb Alexander Graf im 75. Lebensjahr. In einem Nachruf wird seiner als „Repräsentant der alten Wiener Schule, aber auch des alten, echten Wienertums“ gedacht.
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Stellenwert
Alexander Grafs Hauptwerk, für das er seinen ehemaligen Mitarbeiter im Atelier Fellner & Helmer, Franz Krauß, als Partner wählte, ist das Kaiser-Jubiläums Stadttheater, die heutige Volksoper in der Währingerstraße. Bei der Konzeption des Theaters orientierte sich Graf an dem bewährten Schema, das vom Atelier Fellner & Helmer erarbeitet worden war: Vom Foyer gelangt man in den halbkreisförmigen Zuschauerraum, um den herum die Treppenanlagen, Gänge mit Türen zum Zuschauerraum sowie Gesellschaftsräume angeordnet sind. Über dem anschließenden, rechteckigen Bühnentrakt befindet sich zur Aufnahme der Bühnentechnik das hoch aufgeführte Bühnenhaus mit einer malerisch aufgelockerten Dachlandschaft. Für die stilistische Gestaltung hatte Graf wenig Spielraum. Vom Bauverein war nämlich verlangt worden, dass das Haus „in seiner äußeren Erscheinung den Charakter eines deutschen Volksschauspielhauses zum Ausdruck bringen“ sollte, weshalb auch die Anwendung deutscher Renaissanceformen verlangt wurde. Zwei interessante Aspekte späthistoristischer Bauweise treten hier zu Tage: Einerseits zeigt sich in dieser Forderung die Bedeutung der assoziativen Aussagekraft, die den Stilen der Vergangenheit beigemessen wurde: ein Bauwerk für das „deutsche Volk“ sollte durch einen nationalen, in Deutschland entstandenen Stil seine Definition erfahren. Andererseits bestätigt sich einmal mehr, dass man sich in Österreich durchaus dem deutschen Kulturkreis zugehörig fühlte und „deutsche“ Assoziationen gleichermaßen auch als „österreichische“ akzeptiert wurden. Heute ist die ursprüngliche, malerische Gestaltung nach mehreren Umbauten und dem Abräumen des sehr reichen Neorenaissance-Dekors nur mehr in rudimentären Details erkennbar.

Bei den kleinen Stadttheatern, die Graf in den Ländern der Monarchie erbaute, wandte er die bewährten Renaissance-Barockformen an, wie sie im Atelier Fellner & Helmer üblich waren. Auch bei seinen anderen Bauvorhaben zeigte Graf wenig Experimentierfreude, indem er die Häuser mit Formen der deutschen oder italienischen Renaissance sowie mit Motiven des Barocks schmückte. Mit der häufigen Ausformulierung malerischer Dachlandschaften entsprach er dem damaligen Zeitgeschmack. Noch im Jahr 1902 realisierte Graf mit dem „Glashüttenhof“ (Wien 9, Liechtensteinstraße 22) ein für die Gründerzeit typisches „Wiener Zinspalais“: Hinter einer prächtigen, repräsentativen Barockfassade verbergen sich kleine, billige Zimmer-Küche-Wohnungen.

Die Bauten, die Graf in seinen letzten Lebensjahren für die Gemeinde Wien entworfen hat, zeigen hingegen ein völlig anderes Erscheinungsbild. Wohl sind die Bauten noch mit typisch traditionellen Gestaltungselementen konzipiert, wie etwa der klassischen Zonung in Sockel, Haupt- und Dachgeschoß oder dem Einsatz geschwungener Giebelformen und Rundbögen. Allerdings sind nun die Formen stark vereinfacht und modifiziert, die Fassaden schmucklos gestaltet und stattdessen mit Loggien und Balkonen oder Polygonalerkern belebt. Es ist allerdings fraglich, inwieweit diese Entwürfe einem persönlichen Stilwandel entsprungen sind oder ob Graf lediglich dem Zeittrend folgend alle typischen Merkmale früher Gemeindebauten aufgegriffen hat. Letztlich konnte sich Graf jedenfalls Dank seiner Theaterbauten eher als Vertreter späthistoristischer Gestaltungsweise profilieren.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
um 1893Wohnhaus, Wien 9, Waisenhausgasse (heute Boltzmanngasse; mit Max Schindler v. Kunevale)
1893-1895Villa Angerer, Pörtschach am Wörthersee, Ktn., Angererweg 77
um 1895„Schwalbenvilla“ für Rosa Lohner, Meran, I
1902Wohn- und Geschäftshaus „Glashüttenhof“ (Fa. Schreiber & Neffen), Wien 9, Liechtensteinstraße 22
vor 1910Villa Dr.A. Bösch, Wien 19, Billrothstraße 73
1911-1912Villa, Wien 18, Hockegasse 91
1924WHA d. Gem. Wien, Wien 10, Troststraße 64-66 (mit Clemens Kattner)
1927WHA d. Gem. Wien, Wien 15, Graumanngasse 33 (mit Hans Seitl)
1929WHA d. Gem. Wien, Wien 3, Weissgerberlände 24
o.J.Genossenschaftshaus der Schuhmacher Wiens, Wien 8, Florianigasse

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1898Kaiser-Jubiläums Stadttheater, Wien 9, Währingerstraße 78 (mit Franz Krauß, heute Volksoper; stark verändert)
1906-1907Theater in Mährisch-Ostrau, Mähren / Ostrava, CZ
1909-1911Stadttheater Laibach, Krain / Ljubljana, SLO
um 1908Stadttheater Aussig, Böhmen / Usti nad Labem, CZ
vor 1908Stadttheater in Znaim, Mähren / Znojmo, CZ
o.J.Theater in Brüx, Böhmen / Most, CZ

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1892Sparkassengebäude in Baden, NÖ (Wettbewerb)
1899Stadttheater Meran / Merano, Südtirol, I (beschränkter Wettbewerb)
1915Kleine Grabkreuze und kleinere Grabdenkmale (Wettbewerb, ein Preis)
1915Künstler. Wettbewerb für eine Gartenbank (ein Preis)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
WStLA (Biographische Sammlung); WStLA (Verlassenschaftsabhandlung, Totenschaubefund); TUAW; Archiv ÖIAV; KHA des WStLA; MA 43 (Grabauskunft); Pfarrarchiv Rossau Wien 9
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Sekundärquellen

LITERATUR:
W. Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus 1861-2001. Bd.1, Wien 2003
Anonym: Das Kaiserjubiläums-Stadttheater in Wien. In: WBIZ 16.1899, S.251ff
Anonym: Stadttheater in Mährisch-Ostrau. In: WBIZ 25.1908, S.268f, T.59f
Anonym: Architekt Alexander Graf. In: Monatsschrift der Wiener Bauhütte 25.1931, Nr.6 und Nr.7 (Nachruf)
H. und R. Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934. Wien 1980
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20.Jh.s. 2.Bd. Wien 1906
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV., und V. Bezirks. Wien 1980
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
R. Schmidt: Das Wiener Künstlerhaus 1861–1951. Wien 1951, S.188
J. Vibiral: Die Geburt einer Großstadt. Architektur im Bild von Mährisch-Ostrau 1890-1938. Otrava 2002
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
4.1898, S.17, T.37 (Villa in Pörtschach) / S.28 (Villa am Wörthersee) / T.60 (Villa Göschl in Pörtschach) / S.41, T.80 (Kaiser-Jubiläums Stadttheater Wien)

Architekten- und Baumeisterzeitung
19.1910, H.5 (Villa Bösch, 19, Billrothstraße 73) / H.7 (Villa in Pörtschach)

Architektonische Rundschau
15.1899, H.10, T.73 (Kaiser Jubiläums Stadttheater Wien)

Neubauten und Concurrenzen
4.1898, H.3, T.17f, H.5 (Kaiser Jubiläums Stadttheater Wien)

WBIZ
11.1892, S.354f, T.55f (Wohnhaus Wien 9, Waisenhausg.)
16.1899, S.21, T.62f (Kaiserjubiläums Stadttheater Wien, Währingerstr.)
25.1908, S.268, T.59f (Stadttheater in Mährisch Ostrau)
26.1909, S.99, T.25 (Stadttheater Znaim)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. II; Achl. III/1; Achl. III/2; Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)
L. Eisenberg: Das geistige Wien. Wien 1893
H. Kosel: Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftstellerlexikon. Wien 1902
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
ThB; ÖBL; Czeike
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Anmerkungen
Sterbedatum divergierende Angaben: 18.6. WStLA; 12.6. Wiener Zeitung; 11.6. Wiener Bauhütte, 1931, H.6; 12.6. Wiener Bauhütte 1931 H.7; 11.6. Partezettel
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 01.11.2005
Zuletzt geändert: 03.02.2007
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