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Jakob Reitzer

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 14.09.1880 - † um 1945
Geschlecht: m
Geburtsort: Szeged
Land: Ungarn
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Budapest ?
Land: Ungarn
weitere Namen: Jacques
Religionsbekenntnis: Mosaisch
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Simon R.
Mutter: Nanette, geb. Stein
Bruder: Alexander
Ehe (1910) mit Elise Brüll (1886-1969)
Kinder: Alexander (*1912); Paul (1913-1989) beide 1938 nach Brasilien emigriert
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
unbekannt
o.J.Militärdienst als Einjährig Freiwilliger
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab ca.1906 als Architekt in Wien tätig
1914-1918eingerückt als Landsturmoberleutnant
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Vita
Über die Familie und die Ausbildung Jakob Reitzers, der 1880 in Szeged geboren wurde, ist kaum etwas bekannt. Da er seinen Militärdienst als Einjährig Freiwilliger abgeleistet hat, ein Privileg, das nur Maturanten vorbehalten war, ist anzunehmen, dass er zumindest eine Höhere Staatsgewerbeschule besucht hat. Gegen 1906 – offenbar schon bald nach seiner Ausbildung – trat er in Wien als Architekt auf. In den darauffolgenden Jahren errichtete Reitzer eine Reihe von Miethäusern und insbesondere luxuriöse Villen. Während des Ersten Weltkriegs rückte er als Oberleutnant ein und hat höchstwahrscheinlich in einer der militärischen Bauabteilungen gearbeitet. Aus diesen Jahren ist nur der Plan eines Militärfriedhofe für Arad bekannt.

In der Zwischenkriegszeit ist Reitzer neuerlich in Wien als Architekt tätig gewesen, allerdings sind nur einige wenige Bauten dokumentiert. 1938, nach dem sog. „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland und der Einführung der Nürnberger Rassegesetze, flüchtete Reitzer, der offensichtlich die ungarische Staatsbürgerschaft behalten hatte, mit seiner Frau nach Budapest. Seine beiden Söhne konnten nach Brasilien emigrieren. Als gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die ungarischen Juden aus Budapest deportiert wurden, ist Reitzer unter nicht näher bekannten Umständen ums Leben gekommen. Seiner Frau gelang es indessen zu überleben. Nachdem sie für einige Zeit bei ihren Kindern in Brasilien gelebt hatte, kehrte sie mit ihrem Sohn Paul und dessen Familie nach Wien zurück und betrieb kurzfristig ein Geschäft. Schließlich übersiedelte sie und ihr Sohn zu einem Verwandten nach Innsbruck, wo noch heute Nachkommen von Jakob Reitzer leben.
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Stellenwert
Das Werk von Jakob Reitzer erstreckt sich weitgehend auf die letzten Jahre vor dem Ersten Weltkrieg und umfasst nahezu ausschließlich Miethäuser des gehobenen Standards und elegante Villen. In formaler Hinsicht sind sie zumeist zeittypisch einer Mischform von Neobarock und secessionistischen Elementen verpflichtet. Beispielgebend ist hier das Miethaus Wien 19, Vegagasse 15 (1907/8), dessen plastisch durchgeformter Baukörper von der Kurvilinearität des frühen Secessionismus geprägt ist. Bei den einige Jahre später errichteten Bauten lässt sich eine gewisse Beruhigung und eine Hinwendung zu einer klassizierenden Formensprache beobachten, wie z.B. bei dem eleganten Miethaus Wien 18, Gersthofer Straße 12 (1912), dessen Fassade mittels einer großen Säulenordnung gegliedert wird und Dekor nur sparsam in den Fensterparapets aufweist.

Bemerkenswerterweise behält Reitzer bei den wenigen seiner dokumentierten Bauten der Zwischenkriegszeit diese Gestaltungsweise bei, in völliger Negation von Zeitströmungen, wie der „Neuen Sachlichkeit“. Nur mit leichten Modifikationen (insbesondere bei den Fensterformen) errichtet er noch 1930 eine Villa in der Art eines barocken Schlosses (Wien 18, Gustav Tschermak-Gasse 24) mit hohem Mansarddach und einer repräsentativen Fassade. Auch wenn das Wiener Architekturgeschehen generell eher traditionsverbunden war, nimmt Reitzer mit dieser betont historisierenden Haltung doch eine Ausnahmestellung ein.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1907Miethaus,Wien 19, Vegagasse 21
1908Miethaus, Wien 5, Wiedner Hauptstraße 115
1908Villa, Wien 19, Weimarer Straße 91 (ehem. Karl-Ludwig-Straße)
1908Miethaus, Wien 19, Weimarer Straße 104 (ehem. Karl-Ludwig-Straße)
1912Miethaus, Wien 2, Große Sperlgasse 38 / Kleine Pfarrgasse 18
1912Miethaus, Wien 2, Praterstraße 9 / Große Mohrengasse 2
1912Miethaus, Wien 4, Belvederegasse 10
1912Miethaus, Wien 18, Gersthofer Straße 12
1912Miethaus, Wien 19, Chimanistraße 21-25
1913Miethaus Wien 2, Obermüllnerstraße 5
1913Miethaus, Wien 19, Peter-Jordan-Straße 6
1913Miethaus, Wien 6, Gumpendorfer Straße 67 / Esterházygasse 16 (Ausf. A. Schwertmann)
1912-1914Villen Wien 19, Linnéplatz 5 u. 6
1924-1925Villa, Wien 19, Daringergasse 6 (jetzt chines. Botschaft)
1930Wohnhaus, Wien 18, Gustav-Tschermak-Gasse 24

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1910Hotel New York, heute Realgymnasium, Wien 2, Kleine Sperlgasse 5

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1916Heldendenkmal für den Militärfriedhof von Arad, RO (Wettbewerb, 1.Preis)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
IKG (Matrikenstelle)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
A. Lehne: Jugendstil in Wien. Wien 1989
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980

HINWEISE AUF WERKE:
Der Bautechniker
35.1915, S.137ff (Zweifamilienhaus, Wien 19, Linnéplatz 5)

Wiener Bauindustriezeitung
33.1916, Bauinteressent, S.234 (Heldendenkmal für den Militärfriedhof von Arad)

Wiener Neubauten im Style der Secession, Wien, o.J.
Serie 4, T.49 (Miethaus Wien 19, Vegagasse 15)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/2
Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

INTERNETLINKS:
www.centropa.org (Interview mit Gertrude Mechner, einer Verwandten des Architekten)
www.avotaynu.com/holocaustlist
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Anmerkungen
Eingegeben von: Petra Schumann/Ursula Prokop
Eingegeben am: 29.01.2008
Zuletzt geändert: 06.06.2008
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