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Carl Schumann

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Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 05.12.1827 - † 29.04.1898
Geschlecht: m
Geburtsort: Eßlingen a. Neckar
Land: Deutschland
damaliger Name: Herzogtum Württemberg
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Titel: k.u.k. Baurat
weitere Namen: Schuhmann, Karl
Religionsbekenntnis: Evang.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: zwei Geschwister
Ehe mit Julie Beyer (*1837)
Kinder: Adele (1868-1925), verh. Burghardt; Clara (*1870-1911), verh. Weiser; Friederike (*1878)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
um 1844Studium am Polytechnikum Stuttgart, D
1850-1857im Baubüro von Ludwig v. Förster in Wien (insbesonder Mitarbeit am israelit. Tempel in Wien 2)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1857-1869Vorstand der Hochbauabteilung der österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft
1869-1898Baudirektor und Geschäftsführer der Wiener Baugesellschaft (in diesem Kontext u. a. Zusammenarbeit mit Ludwig Tischler und Theodor Bach)
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Auszeichnungen und Ämter
1866Ehrenmitglied d. Akademie d. bildenden Künste
ab 1868wirkliches Mitglied der Akademie der bildenden Künste
ab 1873Baudirektor und Verwaltungsrat der Wiener Baugesellschaft
ab 1878im Komitee des Österr. Ingenieur- u. Architektenvereines für die neue Bauordnung von Wien
1889-1891im Verwaltungsrat der Ersten Österr. Bau- u. Verkehrsgesellschaft
o.J.im Verwaltungsrat der Wiener Spiegelglasversicherungsgesellschaft
1873Baurat
1896Ritter des Kaiser-Franz-Josefs-Ordens
1889-1898Mitglied der Prüfungskommission der Technischen Hochschule Wien
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Mitgliedschaften
ab 1852Österreichischer Ingenieur- und Architektenverein (zeitweise im Vorstand)
ab 1873Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
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Vita
Carl Schumann, der aus Württemberg stammte, erhielt seine fachliche Ausbildung am damaligen Polytechnikum in Stuttgart. Um 1850 kam er nach Wien und trat in das Atelier von Ludwig v.Förster ein, wo er insbesondere mit der Konzeption von Synagogen auf dem Gebiet der Monarchie befasst war. Im Anschluss daran war er für mehr als zehn Jahre in der Hochbauabteilung der österreichisch-ungarischen Staatsbahnen in leitender Stellung tätig. In dieser Periode realisierte er den Wiener Staatsbahnhof (Ostbahnhof) am heutigen Wiedner Gürtel (1867–70) sowie neben einigen Amtsbauten vor allem eine Reihe von Miethäusern, oft in Zusammenarbeit mit Wilhelm Flattich.

Als Ende der 60er Jahre eine erhöhte Bautätigkeit in Hinblick auf die Weltausstellung von 1873 einsetzte und es zur Gründung der „Wiener Baugesellschaft“ kam, wurde Schumann als Geschäftsführer und Baudirektor in die Gesellschaft berufen. Das Unternehmen, das im großen Umfang Gründe ankaufte und als Bauträger agierte, führte aber auch für andere Bauherren Aufträge aus und verfügte – wie ein moderner Generalunternehmer – über ein eigenes Bau- und Planungsbüro. Schumann war in den ersten Jahren in Zusammenarbeit mit seinem Chefarchitekten Ludwig Tischler insbesondere mit der Planung diverser Hotels für die Weltausstellung befasst, darunter das „Hotel Metropol“ das später zu zweifelhaften Ruhm gelangte, als es während des Zweiten Weltkriegs als berüchtigte Gestapo-Zentrale diente. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Gesellschaft war jedoch vor allem die Errichtung von repräsentativen Miethäusern in zentraler Lage, wobei u.a. in den ersten Jahren Ludwig Tischler und späterhin Theodor Bach als Chefarchitekten fungierten. Schumann, der das Baubüro über rund 30 Jahre leitete, war in dieser Zeit für die Errichtung von mehr als hundert – zumeist sehr großzügig dimensionierten – Miethäusern verantwortlich. In seinen letzten Jahren war Schumann im Rahmen seiner Tätigkeit für die Wiener Baugesellschaft auch am Ausbau des Michaelertrakts der Wiener Hofburg beteiligt und erhielt dafür einen hohen kaiserlichen Orden.

Darüber hinaus war Schumann aber auch eine maßgebliche Persönlichkeit in der Wiener Gesellschaft. Neben seinen zahlreichen Funktionen in diversen Verwaltungsräten und Kommissionen engagierte er sich auch insbesondere im Rahmen der Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereinigung. Als Carl Schumann, der bis zuletzt aktiv war, im 71. Lebensjahr an einem Herzversagen starb, konnte er seiner Witwe und seinen drei Kindern ein beachtliches Vermögen hinterlassen.
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Stellenwert
Carl Schumanns Tätigkeit, die sich zeitlich nahezu über die gesamte zweite Hälfte des 19.Jh.s erstreckte, hinterließ ein praktisch unüberschaubares Werk, das von den Anfängen der frühesten Zeit der Ringstraßenära bis zur Fin-de-siecle-Kultur der vergangenen Jahrhundertwende reicht. Sowohl quantitativ als auch aufgrund des Umstands, dass Schumann praktisch immer als angestellter Architekt für große Unternehmen gearbeitet hat, ist dieses Œuvre als individuelle Leistung jedoch schwer auszumachen.

Ein Fixpunkt in Carl Schumanns Schaffen stellt jedenfalls das Miethaus für gehobene Ansprüche dar, wie es das ausgeprägte Repräsentationsbedürfnis der Ringstraßengesellschaft erforderte. Als Baudirektor hat er weitgehend die große Linie vorgegeben und war vor allem für die innere Strukturierung und die Grundrisslösungen verantwortlich, die stets als mustergültig und von strikt ökonomischen Überlegungen geprägt, gepriesen wurden. Hingegen scheinen die jeweiligen Chefarchitekten weitgehend für die Außenerscheinung der eleganten „Mietpalais“, die bis heute die Ringstraße säumen und das Bild der Inneren Stadt prägen, federführend gewesen zu sein. Demgemäß reicht die formale Bandbreite dieser Wohn- und Geschäftshäuser, die sich schon oft dem Anspruch einer „Monumentalarchitektur“ nähern, von einem noch nahezu spätromantischen Vokabular (Miethaus Wien 1, Babenberger Straße 5) bis zur großen Geste des Späthistorismus (z.B. „Casa Piccola“, Wien 6, Mariahilfer Straße 1b). Allen gemeinsam sind jedoch eine klassische Proportionierung und eine gewisse noble Zurückhaltung, die nie in eine hypertrophe Dekorverliebtheit ausartet. Beispielhaft für diese Ausrichtung ist das von der amerikanischen Versicherungsgesellschaft „New York“ (Wien 1, Graben 8) in Auftrag gegebene Wohn- und Geschäftshaus, das neben höchsten repräsentativen Ansprüchen auch über den damals aktuellsten technischen Komfort, wie eine Liftanlage, verfügte und seinerzeit geradezu als Symbol für die aufstrebende Metropole angesehen wurde.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1860-1861Miethaus, Wien 1, Kärntner Ring 8 (mit Wilhelm Flattich)
1863Miethaus, Wien 1, Opernring 17
1864-1865Wohnhaus der k.u.k. Eisenbahnen, Wien 1, Babenberger Straße 5
1864Miethäuser, Wien 1, Museumstraße 1-5
1864Miethäuser, Wien 1, Volksgartenstraße 1-5
1865Miethaus, Wien 1, Elisabethstraße 16
1869-1870Miethaus, Wien 1, Eßlinggasse 13 / Gonzagagasse 18
1870-1872Miethäuser, Wien 1, Hansenstraße 1-5 u. 2-6 / Schmerlingplatz 8
1872Miethaus, Wien 1, Löwelstraße 22 (mit Ludwig Tischler)
1873-1874Miethaus, Wien 1, Dr. Karl Lueger Ring 6 (mit Ludwig Tischler)
1875Miethaus, Wien 4, Prinz Eugen-Straße 4-6 (ehem. Heugasse)
1880Miethaus, Wien 1, Löwelstraße 14-18
1881Miethaus, Wien 1, Goldschmiedgasse 4
1882Miethaus, Wien 9, Ferstelgasse 3
1881-1883Miethaus, Wien 8, Rooseveltplatz 4-5 (ehem. Maximilianplatz)
1883Miethaus, Wien 1, Krugerstraße 17
um 1885Miethaus, Wien 1, Wipplingerstraße 18
1886Wohn- u. Geschäftshaus „New York“, Wien 1, Graben 8 / Spiegelgasse 1 (mit Theodor Bach)
1888Miethaus, Wien 1, Kärntner Straße 39
1895Miethaus, Wien 9, Schwarzspanierstraße 7-9 (mit Theodor Bach)
1895Miethaus, Wien 9, Garelligasse / Frankgasse 10 (mit Theodor Bach)
um 1890Haus des Gieselavereines, Wien 1, Franz Josefs-Kai 1a (mit Theodor Bach; zerstört)
1896Wohn- u. Geschäftshaus „Casa Piccola“, Wien 6, Mariahilfer Straße 1b (mit Theodor Bach)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
um 1850Synagoge in Budapest (ehem. Pest), H
um 1850Synagoge in Temesvar, Siebenbürgen / Timisoara, RO
um 1850Administrationsgebäude der Donau Dampfschiffahrtsgesellschaft in Budapest (ehemals Pest), H
1867-1870Wiener Staatsbahnhof (Ostbahnhof), Wien 10, Wiedner Gürtel 1b (nicht erhalten)
vor 1869Pensionsgebäude der Staatsbahnen, Wien 1, Schwarzenbergplatz (Entw. Heinrich Ferstel; nicht erhalten)
1870Hotel Kummer, Wien 7, Mariahilfer Straße 71a (mit Ludwig Tischler)
1871-1873Hotel Metropol, Wien 1, Morzinplatz 4 (mit Ludwig Tischler; nicht erhalten)
1872Hotel Tegetthof, Wien 1, Johannesgasse (mit Ludwig Tischler; nicht erhalten)
um 1895-1897Ausbau des Hofbautrakts zum Michaelerplatz, Wien 1 (Mitarbeit)

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
o.J.Werkstättengebäude der Wiener Lokomotivfabrik AG in Floridsdorf

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1879Zentralviehmarkt für Wien (Projekt)
1862 Evangelische Kirche Brünn / Brno, CZ (Wettbewerb)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
WrSTLA (Verlassenschaftsabhandlung); Archiv Adler
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Sekundärquellen

LITERATUR:
K. Eggert: Der Wohnbau der Ringstraße im Historismus. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße. Bd.7, Wiesbaden 1976
Fremdenblatt 30.4.1898 (Nachruf)
A. Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstraße. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße. Bd.4, Wiesbaden 1972
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20.Jh.s. 2.Bd., Wien 1906
Neue Freie Presse 29.4.1898 (Nachruf)
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV., und V. Bezirks. Wien 1980
Th. Reuter: Carl Schumann. In: ZÖIAV 50.1898, S.304f
Rückblick auf die Thätigkeit der Wiener Baugesellschaft von 1869-1894. Wien 1895
R. Schmidt: Das Wiener Künstlerhaus 1861–1951. Wien 1951, S.60 u. 139
R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Das Kunstwerk im Bild. In: Die Wiener Ringstraße. Bd.1, Wiesbaden 1969
Wiener Fassaden des 19.Jh.s, Wohnhäuser in Mariahilf. Wien u.a. 1976
Wiener Bauindustriezeitung 15.1897/98, S.378 (Nachruf)
Wiener Zeitung 30.4.1898 (Nachruf)

HINWEISE AUF WERKE:
Allgemeine Bauzeitung
44.1879, S.91, T.76 (Hotel Metropole)
45.1880, S.96, T.68 (Wohnhaus Lieben, Wien 1, Franzensring 14)

Der Architekt
5.1899, S.1, T.2f (Miethaus Casa Piccola, Wien 6, Mariahilfer Str.)

Neubauten und Concurrenzen
2.1896, S.48, T.44f (Miethäuser Wien 9, Frankg. 10 u. Schwarzspanierstr.)

Wiener Bauindustriezeitung
5.1887, T.4f (Geschäftshaus „New York“, Wien 1, Graben)
6.1888, T.79 (Miethaus Wien 9, Maximilianplatz 4)
7.1889, T.100 (Miethaus Wien 1, Kärnter Str. 39)
13.1896,T.2 (Haus des Gieselavereines Wien 1, Franz Josefs Kai) / T.87 (Miethaus Schwarzspanierstr.) / T.92f (Miethaus Wien 9, Garellig.)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez.); Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.)
L. Eisenberg: Das geistige Wien. Wien 1890
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
Czeike 5, ÖBL 11
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Anmerkungen
Eingegeben von: Ursula Prokop
Eingegeben am: 01.10.2006
Zuletzt geändert: 11.05.2007
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